Händels "Tamerlano" feiert Premiere an Bonner Oper

Er kam mit Cellokoffer und Taktstock-Etui nach Wien, versammelte Musiker um sich, um ein Orchester zu gründen. Und zwar einzig zu dem Zwecke, Bach, Händel, Vivaldi und Zeitgenossen zu spielen. Auf originalen Instrumenten der Barockzeit, versteht sich.

 Rubén Dubriovsky probt Händel.

Rubén Dubriovsky probt Händel.

Foto: Thilo Beu

Bonn. Er kam mit Cellokoffer und Taktstock-Etui nach Wien, versammelte Musiker um sich, um ein Orchester zu gründen. Und zwar einzig zu dem Zwecke, Bach, Händel, Vivaldi und Zeitgenossen zu spielen. Auf originalen Instrumenten der Barockzeit, versteht sich.

Diese biografischen Koordinaten würden ganz wunderbar auf Nikolaus Harnoncourt, den Urvater der Originalklang-Bewegung, passen, aber sie treffen auch die Situation des gebürtigen Argentiniers Rubén Dubrovsky ganz gut, der mit Händels "Tamerlano" jetzt zum zweiten Mal in Bonn eine Barockoper dirigieren wird.

Dubrovsky erblickte als Sohn einer polnisch-italienischen Künstlerfamilie in Buenos Aires das Licht der Welt. Hier wuchs er auf, hier begann er sein Studium als Cellist. Ging dann nach Deutschland, studierte in Detmold, kam 1995 schließlich nach Wien, wo er seither lebt. "Bis dahin dachte ich, Kammermusik sei das einzig Wahre in der Musik", erinnert er sich an seine idealistische Jugend.

Mit Oper hatte er damals noch gar nichts zu tun, sein Zuhause war der Musikverein, nicht die Staats- oder Volksoper. Mit seinem Bach Consort aber begann er irgendwann, die menschliche Stimme für sich zu entdecken. Zum Wegweiser wurden ihm Bachs Kantaten.

Immer häufiger arbeitete er mit Sängern und Sängerinnen zusammen, darunter namhafte wie Emmy Kirkby, Bernarda Fink oder der Countertenor Carlos Mena. Aus Neugier wurde schnell Leidenschaft, und dann kam irgendwann die Einladung, eine Barockoper zu dirigieren: Vivaldis "Orlando furioso". Auftraggeber war das Opernhaus in Bonn.

Nach dem "Orlando" vor zwei Jahren öffneten sich auch an anderen Opernhäusern die Türen für den jungen Dirigenten, der jetzt während der Endproben zum "Tamerlano" parallel Monteverdis "Poppea" an der Dresdner Semperoper vorbereitet, die im April Premiere haben wird, und zwischendurch noch ein paar Mal in Kiel Händels "Rinaldo" über die Bühne bringt.

Die ersten vier Monate des Jahres 2011 muss seine Wahlheimat Wien deshalb auf den sympathischen Musiker verzichten. Dass von den drei Opern, die er zurzeit musikalisch leitet, zwei von Händel stammen, freut ihn. Der Sachse ist ein Komponist, der ihn fasziniert, und dessen Musik ihn begeistert. Wegen der visionären Modernität, wegen seines Mutes, wegen seiner Erfindungsgabe.

Im "Tamerlano", sagt Dubrovsky, finde man die erste große Sterbeszene der Operngeschichte. "Händel hat das komponiert wie eine große Solokantate", sagt er. Der Gifttod des türkischen Sultans Bajazet wäre dann gleichsam Urahn sowohl von Wagners dahinsiechendem "Tristan" wie von Verdis "Traviata" oder Puccinis Mimi aus "La Bohème", die ebenfalls einen langsamen Bühnentod sterben müssen.

"Vivaldi, der auch den Tamerlano-Stoff vertont hat, zieht sich da ganz anders aus der Affäre", sagt Dubrovsky. Da werde lediglich mitgeteilt, dass der Sultan tot sei. Dieser Bruch mit allen Bühnenkonventionen der Zeit setzte damals, 1724, in London einen großen Wagemut voraus. Schließlich war Händel nicht nur Künstler, sondern auch als Unternehmer von dem Erfolg einer Oper abhängig.

"Aber Händel hat es auch verstanden, sein Publikum im Tamerlano mit vielen Hits zu versöhnen, die bis heute fester Bestandteil vieler Arien-Abende sind." Weder in Bonn noch an den anderen Opernhäusern spielen die Musiker auf Originalinstrumenten, wie Dubrovsky es von seinem Bach Consort Wien gewohnt ist. Doch das sei auch gar nicht das Entscheidende, meint er.

Für ihn kann selbst das Spiel auf alten Instrumenten nur eine Annäherung an einen "originalen Klang" sein. "Wenn man sich heute Aufnahmen mit Harnoncourt aus den 1970er Jahren anhört, klingt das völlig anders als das, was heutige Musiker unter ,Originalklang' verstehen", sagt er. Musik, meint er, lebe immer von der Persönlichkeit, die sie macht.

Karten für die Premiere am Sonntag , 27. Februar, 18 Uhr, in den GA-Ticketshops.

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