Hagen Rether enttäuscht in Bonner Oper

Früher hat Hagen Rether unberechenbarer als als alle anderen zugebissen - heute schüttelt er nur noch kurz an den Zuschauern. Ein Kabarettist auf Abwegen zum politischen Kommentator.

Bonn. Hagen Rether verfügt über eine Reihe von Markenzeichen.

Über den langen Zopf und den durchdringenden Blick, den wiederkehrenden Ausspruch "Ach, was rege ich mich auf", das virtuose Klavierspiel und, nicht zuletzt, ausverkaufte Vorstellungen.

Auch bei seinem Gastspiel in der Oper Bonn hat sich daran nicht viel geändert - aber dafür an fast allem anderen.

Da gibt es diesen Moment, in dem Rether schimpft: "Lustig, alles muss lustig sein", er nennt es Humorterror, und der missfällt ihm in höchstem Maße. Vielleicht ist es die Klage eines Kabarettisten, dem die Pointen ausgehen.

Vielleicht ist es aber auch die Klage eines Kabarettisten, der keiner mehr sein will. Tatsächlich scheint sich Rether vielmehr in der Rolle des politischen Kommentators zu gefallen, der - manchmal zwar klug, aber insgesamt nicht sehr aufregend - das Tagesgeschehen analysiert.

Wo er früher unberechenbarer als alle anderen zugebissen hat, schüttelt er heute nur noch kurz. Mit jeder Modifikation seines Programms "Liebe" hat er sich vom ursprünglich ironischen Titel entfernt, heute predigt er "Demut vor der Schöpfung und Nächstenliebe".

Das mag alles richtig sein, nur gehört es nicht mehr ins Kabarett. Bye-bye, Illusion. Gleichzeitig hat Rether eine seltsame Form des Vortrags entwickelt:

die der Beiläufigkeit. Während des ganzen Programms scheint er sich mit anderen Dingen zu beschäftigen, mal putzt er ausgiebig den Flügel, dann massiert er wieder sein Gesicht oder dreht sich ziellos in seinem Bürosessel.

Als wolle er signalisieren: Seht her, das Getöse der anderen Kabarettisten ist mir fremd.

Die Wahrheit wird ohnehin nicht gehört, wozu noch laut werden, eben: "Ach, was rege ich mich auf." Bye-bye, Illusion!

Es macht sich eine Tristesse breit, die auch durch anscheinend fingierte Zwischenrufe aus dem Publikum kaum mehr gesteigert werden kann.

"Quatsch keine Oper" heißt die Veranstaltungsreihe. Erwartet werden noch Dieter Hildebrandt, Roger Willemsen und Rainald Grebe. Grebe kann's.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Die Stunde der Sieger
Abschluss Deutscher Musikwettbewerb in Bonn Die Stunde der Sieger
Zum Thema
Aus dem Ressort