Handkäse, Hegel und der Hang zum Reisen

Cees Nooteboom stellt im Rheinischen Landesmuseum in Bonn seinen Roman "Allerseelen" vor, liest aus älteren Werken und gibt den leidenschaftlichen Europäer

  Der Kosmopolit  Cees Nooteboom, der in Amsterdam und auf Menorca lebt, bei "Literatur.Europa" im Rheinischen Landesmuseum.

Der Kosmopolit Cees Nooteboom, der in Amsterdam und auf Menorca lebt, bei "Literatur.Europa" im Rheinischen Landesmuseum.

Foto: Fischer

Bonn. "Ich bin gern da, es ist ein ernsthaftes Volk", sagt Arthur Daane, die Hauptfigur in Cees Nootebooms Roman "Allerseelen" über Deutschland und die Deutschen. Und was für seinen Protagonisten gilt, ist offensichtlich auch auf Cees Nooteboom selbst übertragbar.

Nachdem er bereits vor eineinhalb Jahren das Bonner Publikum für sich gewonnen hatte, kam er nun wieder, diesmal ins Rheinische Landesmuseum, um bei "Literatur.Europa" vor ausverkauftem Saal zu lesen.

"Die Karten waren schon weg, noch bevor die Niederländer abgestimmt haben," beteuerte Karin Hempel-Soos vom Haus für Sprache und Literatur halb im Scherz, halb besorgt über die derzeitigen Ereignisse in Europa, die ihrer Lesereihe plötzlich eine neue Bedeutung gaben.

Denn obwohl das Programm von Nootebooms Lesung nahezu dasselbe war wie beim letzten Mal - neben Auszügen aus "Allerseelen" einige Seiten aus Nootebooms Erstling "Philip und die anderen" sowie einige Gedichte - so hatte die Lesung, unter dem Eindruck der Volksabstimmungen in Frankreich und in Nootebooms Heimatland, dieses Mal eine etwas andere Konnotation.

Weder mahnend noch in irgendeiner Weise politisierend, dafür aber mit scharfer Beobachtungsgabe und mit subtilem Humor, vermittelte der Kosmopolit Nooteboom, der heute in Amsterdam und auf Menorca lebt, wie er Europa versteht.

Da sitzt Arthur Daane in "Allerseelen" mit einem weiteren Niederländer, einer russischen Physikerin und einem deutschen Philosophen in einer Pfälzer Weinstube in Berlin und unterhält sich über Handkäse, Hegel und das Problem, dass die Ereignisse in der Welt oft nur als Fakten dargestellt werden.

Da gibt es in "Philip und die anderen" Onkel Antonin Alexander, der seinen Neffen Philip mit den großen europäischen Komponisten bekannt macht und der ihn, später in der Geschichte, zum Trampen durch Europa animiert. Immer wieder geht es in Nootebooms Werken um das Reisen. Sowohl Arthur Daane als auch Philip Vanderley reisen wegen der Liebe quer durch Europa.

Und auch Cees Nooteboom selbst hat sich, wie Philip, als Siebzehnjähriger an die Landstraße gestellt und trampend Europa erkundet, bevor er sich dann im Laufe der Jahre als einfühlsamer Reiseschriftsteller einen Namen gemacht hat.

Reisen, beobachten und sich austauschen anstatt nur Daten und Fakten zu sehen - das hat Nooteboom zu dem Europäer gemacht, der er heute ist. Und das ist auch das Rezept, das er durch seine Werke den Lesern verschreibt.

Wer mehr über Nooteboom erfahren möchte: Die Bonner Kinemathek im Rheinischen Landesmuseum zeigt am Freitag, den 10. Juni, um 18 Uhr, den Film "Hotel Nooteboom", ein anlässlich seines 70. Geburtstages entstandenes Porträt des Weltbürgers. Aktueller Roman: Cees Nooteboom: "Philip und die anderen". Suhrkamp, 167 Seiten, 19,90 Euro. "Allerseelen", Suhrkamp, 436 Seiten, 10 Euro.

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