Lesung im Thalia in Bonn Helene Winter: „Ich habe Blut geleckt“
Bonn · Helene Winter liest in Bonn bei Thalia. „Das weiße Haus am Rhein“ wurde erst Drehbuch, dann Film, dann Roman. Die Geschichte spielt in Bonn. Vieles ist Fiktion – und manches kritikwürdig.
Es ist ein bisschen kompliziert. Entweder gibt es zuerst das Buch und dann die entsprechende Verfilmung. Oder es existiert zunächst eine Kino- oder Fernsehproduktion und in deren Kielwasser schwimmt schließlich das Buch zum Film mit. Im Falle von „Das weiße Haus am Rhein“ sieht es ein wenig vertrackter aus. Der TV-Zweiteiler über familiäre sowie politische Irrungen und Wirrungen im Bad Godesberger Rheinhotel Dreesen nach dem Ersten Weltkrieg feierte Ende Oktober 2021 beim Film Festival Cologne Premiere. Ein paar Wochen zuvor war im Piper Verlag der gleichnamige Roman aus der Feder von Helene Winter erschienen – basierend auf dem Drehbuch von Dirk Kämper. Im Fernsehen wurde „Das weiße Haus am Rhein“ bislang allerdings nicht ausgestrahlt.
Hinter Helene Winter steckt Janet Clark
„Helene Winter“ ist ein Pseudonym der Autorin Janet Clark, die eigentlich Thriller und Jugendbücher verfasst. Den Alias-Namen wählte sie im Gedenken an ihre Großmutter und weil es sich um ihren ersten historischen Roman handele, berichtete die Schriftstellerin bei ihrem Besuch im Metropol-Kuppelsaal von Thalia. Der erzählte Zeitraum spannt sich von 1918 bis 1938: Als Protagonist fungiert die frei erfundene Figur des Emil Dreesen, der zu Beginn aus den Schrecken des Ersten Weltkrieges in das luxuriöse Rheinhotel seiner Familie zurückkehrt. Große Herausforderungen: Politisch trennen Emil und seinen Vater Welten, und das „weiße Haus am Rhein“ steht vor dem Abgrund.
Winter alias Clark hat aus dem Stoff einen trivialen Schmöker gestrickt, voller Klischees und abgegriffenen Sprachbildern. Die fast 500 Seiten wirken wie acht zusammengeklebte Groschenromane aus der Reihe „Fürstenkrone“, nur mit ein paar historischen Fakten versehen. „Ich habe Blut geleckt und es wird nicht der letzte historische Roman sein, den ich geschrieben habe“, verkündete Clark indes selbstbewusst.
Helene Winter: Das weiße Haus am Rhein. Piper, 478 Seiten, 15 Euro