Beethovenhalle Herbert Blomstedts berührende Interpretation der Missa solemnis

BONN · "Der Glaube ist zentral in meinem Leben, auch wenn ich dirigiere", hat Herbert Blomstedt in einem Interview gesagt. Beethovens Missa solemnis müsste ihm ein Herzensanliegen sein.

 Herbert Blomstedt.

Herbert Blomstedt.

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Und in der Tat dirigiert der 85-Jährige die Messe, die das Beethovenfest werbemäßig mit dem etwas fragwürdigen Titel "Beethovens Werk der Superlative" versehen hat, im Augenblick häufig: in Berlin mit den Berliner Philharmonikern, in Leipzig mit dem Gewandhausorchester und jetzt in Bremen und Bonn mit der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen.

Blomstedt ist der stille Star unter den großen Dirigenten, gelöst und gelassen, bewunderungswürdig uneitel, misstrauisch gegenüber jeder Art von Aufgesetztheit. Wenn er, wie im Fall der Missa solemnis, sogenannte Bekenntnismusik dirigiert, dann wird daraus bei ihm vor allem ein Bekenntnis zur Musik; es gibt nichts in seiner ungemein hellsichtigen Interpretation, das nicht durch die Partitur gerechtfertigt wäre.

Diese Missa solemnis scheint ja so etwas wie ein Freibrief zu sein für dirigentische Erklärungsversuche: Das reicht von der weihevollen Zelebration durch Karl Böhm bis zum Sturmlauf mit David Zinman.

Blomstedt freilich braucht weder Weihrauch noch Exaltiertheiten: Bei ihm hört man eine sprechende, fließende Missa, vom sehr gesanglich genommenen Kyrie bis zur Gloria-Ekstase, von absoluter Zurückgenommenheit (Et incarnatus) bis zum in sich ruhenden Gebet (Benedictus, mit einem wunderbar unsentimentalen Violin-Solo), von der schnellen, gleichsam schwebenden Schlussfuge (Credo) bis zum eindringlichen Agnus Dei - kurzum: Es war ein außerordentlich beeindruckender und berührender Abend.

Blomstedt hatte höchst verlässliche Partner: die Deutsche Kammerphilharmonie mit ihrem plastischen Klang und vor allem den Chor des Bayerischen Rundfunks, der mühelos mit den vokalen Rücksichtslosigkeiten Beethovens zurechtkam. Das Solisten-Quartett - Simone Schneider, Bernarda Fink, Dominik Wortig und Jochen Kupfer - wirkte ausgesprochen homogen: kein Sänger-Wettstreit, sondern schön abgestimmtes gemeinsames Musizieren. Anhaltende Begeisterung in der ausverkauften Beethovenhalle.

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