Heribert Beissel und die Rache der Götter

Zuhörer des Poppelsdorfer Schlosskonzerts werden nass

Bonn. Eine Lektion dürfte Dirigent Heribert Beissel gelernt haben: Neptun, Thetis und Aeolus fordert man nicht ungestraft heraus. Schon gar nicht unter freiem Himmel. Da half es offenbar auch nicht, dass seine Klassische Philharmonie Bonn die Götter bei dem fünften Poppelsdorfer Schlosskonzert so differenziert und wohlklingend provozierte. Bereits die Anfangstakte der Telemannschen Orchestersuite in C-Dur ("Wasser-Ouvertüre") hatten vereinzelte Regentropfen zur Folge.

Nachdem die Hoheiten über Wind und Wasser dann der Reihe nach in kurzen Tänzen angesprochen worden waren (die Flöten taten dies besonders entzückend), öffnete der Himmel bei der finalen Canarie seine Schleusen, was das Publikum mit hektischem Suchen und Öffnen von Regenschirmen oder Flucht in die Arkaden quittierte.

Die Suite ging so im wahrsten Wortsinne baden: Beissel drehte sich verblüfft nach seinen Zuhörern um, dirigierte die letzten Takte aber tapfer weiter. Der Regenguss endete ebenso schnell, wie er begonnen hatte, doch der Einstieg in die "Prager Sinfonie" von Mozart geriet noch ein wenig kraftlos.

Dafür steigerte sich das Orchester dann umso glanzvoller in einen klangschönen, differenzierten und dynamischen Abschluss. Die Dämmerung sowie die damit einhergehende hübsche Beleuchtung des Schlosses hatten bereits eingesetzt, als mit Beethovens erster Sinfonie der letzte Programmpunkt zu hören war:

Leichtfüßig glückte der Anfang des wundervollen vierten Satzes, kontrastreich in der Dynamik und wirkungsvoll gestaltete das Orchester den Schluss der Sinfonie insgesamt. Großer Applaus.

Mit dem schwelgerischen Intermezzo sinfonico aus der "Cavalleria Rusticana" von Pietro Mascagni und der beschwingt dirigierten Annen-Polka vermochten Beissel und Co. in den Zugaben noch einmal zu punkten.

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