Villa Bellestate "Hier gibt es hochkarätige Kunst"

HOLZWEILER · Ihr Name "Schöner Sommer" ist auch im Frühling Programm. Es braucht nur wenige Augenblicke im Park der Holzweiler "Villa Bellestate" mit ihrem Wasserpavillon, um sich in die Toskana versetzt zu fühlen

 Das Bläserquintett Pasu begeisterte beim Grafschafter Kunstverein.

Das Bläserquintett Pasu begeisterte beim Grafschafter Kunstverein.

Foto: Martin Gausmann

Ein Entenpaar paddelt im Teich, der Jagdhund von Peter Maerker und Gisela Maerker-Alzer aalt sich in der Sonne, Dackel Claire begrüßt den Besuch schwanzwedelnd. Es sind eigentlich nur die halbstündig schlagenden Glocken aus Norditalien unterm Dach des Pavillons, die einen wissen lassen, dass die Zeit nicht stillsteht.

Schnell gerät man mit dem Philologen Peter Maerker, dem Vorsitzenden des Grafschafter Kunstvereins, der seit 1980 besteht und seit 1992 gemeinnützig ist, ins Plaudern. Über die Anfänge auf der jungen Grafschaft, seiner Zeit als SPD-Gemeinderats- und -Kreistagsmitglied, seinem erfolgreichen Einsatz in einer Bürgerinitiative gegen eine vor der Haustür geplanten Kreismülldeponie. "Mir war wichtig, die Gemeinde mit hochzubringen, eine Grundversorgung sicherzustellen, aber auch den Menschen in der Region zu vermitteln: ?Hier gibt es hochkarätige Kunst?", so Maerker.

Der 77-Jährige hat sich mit seiner Frau (76), die auf der Grafschaft 26 Jahre als bundesweit anerkannte Rheumatologin praktizierte, nun mal der Kunst verschrieben. So ermöglichten sie in den vergangenen Jahren bei mehr als 80 Veranstaltungen, dass ihr in vier Bauabschnitten entstandenes Domizil zum Treffpunkt für Künstler und Kunstinteressierte wurde.

Da stellt sich die Frage, warum die Familie, Sohn Titus ist heute 35, ihre Villa für die Allgemeinheit öffnet. Immerhin sind es bei vier Konzerten im Jahr rund 500 Menschen, die durchs Ensemble aus Privaträumen, Konzertsaal, aber auch Maerkers ansehnlicher Bücherei mit mehr als 10 000 philosophischen Bänden sowie Garten flanieren.

"Ganz ehrlich: Es ist Dankbarkeit. Wir sind dankbar, dass das Leben es so gut mit uns gemeint hat. Ich bin Flüchtlingskind, wurde ab 1948 von einer fremden Frau in Berlin liebevoll großgezogen. Wir waren richtig arm. Aber schon in Berlin, wo ich bis 1960 Jura studierte und auch meine Frau kennenlernte, ging ich bis zu dreimal pro Woche in klassische Konzerte. Kultur war damals preiswerter als Essen. Musik war eine große Trösterin und ist bis heute Passion Nummer Eins im Hause Maerker-Alzer geblieben", so der 77-Jährige, dessen Traumberuf Architekt gewesen wäre. Klappt das eine nicht, funktioniert das andere: So studierte er mit 62 Jahren Kunstgeschichte, schrieb ein Buch über "Konservatismus".

Was in der jüngsten Vergangenheit nicht mehr so gut läuft, das sind die Kunstausstellungen in der italienisch anmutenden Villa Bellestate. Maler und Bilderhauer aus Köln, Essen, Krakau, Sorrent, Budapest und Madrid gingen seit den 1980er-Jahren im Park oder Belvedere ein und aus, einheimische Künstler ergänzten das Angebot. "Trotz des großen Zuspruchs und positiver Presse war es immer schwierig, ein kunstinteressiertes Publikum nach Holzweiler zu bringen. Aber auch aus finanziellen Gründen mussten die Ausstellungen eingestellt werden", schreibt Maerker im Heimatjahrbuch 2014.

Geblieben sind dem Ehepaar, Gisela Maerker-Alzer ist Geschäftsführerin des Vereins mit 35 Mitgliedern aus ganz Deutschland, vier hochkarätige Kammerkonzerte pro Jahr. "Die Kulturtage des Kreises Ahrweiler ab 1988 haben in mir die Initialzündung ausgelöst, von nun an das Schwergewicht auf Konzerte zu legen", so Maerker.

Seit 1992 werden zwei pro Jahr von der Villa Musica organisiert und finanziert. Es handelt sich dabei um eine innerhalb der Bundesländer einmalige Musikstiftung der Landesregierung Rheinland-Pfalz in Mainz und der Akademie für Kammermusik im kurfürstlichen Schloss in Engers. "Die Villa Musica vermittelt uns dann in der Regel zwei weitere Konzerte mit ehemaligen Stipendiaten, die der Verein zwar finanzieren muss, dafür aber unter dem musikalischen Leiter Alexander Hülshoff einen hohen Qualitätsstandard hat. Der wird inzwischen auch vom Publikum, das teilweise eine weite Anreise in Kauf nimmt, erwartet", so Marker.

Die Satzung des Vereins verpflichtet dazu, junge Künstler zu fördern. Daher gilt seit einem Vierteljahrhundert das Engagement dem Jahresabschlusskonzert der Bonner Klavierschule "Sophia Botz", bei dem bis zu 35 Jugendliche im Alter von vier bis 18 Jahren ihr Können unter Beweis stellen.

Trotz eines Einsatzes von 100 Stunden vor und nach jedem Konzert und der Tatsache, dass das Paar diverse private Investitionen leistet - so muss der Bösendorfer Flügel gepflegt werden, dessen Nachjustierung allein 2000 Euro verschlingt, Toiletten mussten angebaut, eine Bühne und 120 Regiestühle angeschafft werden - haben die Rentner, die Mitglied im Sinziger Wassersportverein sind, ein Ziel: "Wir gestehen uns noch zehn Jahre in dieser Kulturoase im Kreis Ahrweiler zu. Wir haben viele Chancen im Leben erhalten, die haben die jungen Musiker auch verdient. Wenn dann auch noch das Publikum glücklich nach Hause geht: Was wollen wir mehr."

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