"Die wilden Schwäne" in Kammerspielen Bad Godesberg Höhenflug der Fantasie

Bad Godesberg · Bei der Wahl der Ehefrau kann auch ein König nicht anspruchsvoll genug sein. In Hans Christian Andersens Märchen "Die wilden Schwäne" entschließt sich ein Monarch, der mit seiner Tochter und elf Söhnen zusammenlebt, ein zweites Mal zu heiraten. Er macht alles falsch.

 Wenn nur das Leben so federleicht wäre: Maya Haddad als Elisa, im Hintergrund drei der sechs Brüder.

Wenn nur das Leben so federleicht wäre: Maya Haddad als Elisa, im Hintergrund drei der sechs Brüder.

Foto: Thilo Beu

Wie sich herausstellt, ist die Frau böse, eine richtige Hexe. Und als Stiefmutter eine Katastrophe. Mit einem Zauberspruch verwandelt sie die elf Prinzen in Schwäne. Wer, wenn nicht Elisa, die herzensgute Schwester, kann den Zauber brechen? Bis zum märchenhaften Happy End jedoch hat Elisa Herausforderungen zu meistern und Abenteuer zu bestehen. Das schafft sie, denn sie ist nicht nur hübsch und reinen Herzens, sondern auch ziemlich zäh. Ein junges Mädchen, das weiß, was es will.

Der preisgekrönte Regisseur und Theaterautor Kristo Šagor hat "Die wilden Schwäne" als ein Märchen für die ganze Familie in den Kammerspielen Bad Godesberg inszeniert. Bis zum 31. Dezember steht das Stück häufig auf dem Spielplan. Šagor übersetzt das Märchen nicht in eine konventionelle Bühnenerfahrung, wo die Figuren in Dialogen und Spielszenen den dramatischen Stoff ausbreiten.

Hier sind Elisa und ihre Brüder Erzähler und Darsteller zugleich: mitspielende Vorleser. Das hat seinen Preis. Die Zuschauer können sich nicht ins Ritual einer "normalen" Theatervorstellung einkuscheln. Sie sind zur Mitarbeit eingeladen, die Bilder auf der Bühne wirken wie Impulse, im Kopf der Betrachter werden sie ganz individuell weitergesponnen und gleichsam zu Ende gemalt. "Die wilden Schwäne" in den Kammerspielen: Theater und Kopfkino zugleich.

Christl Wein-Engel ist für Kostüme und Bühne zuständig. Viel Gold gibt es da zu sehen, goldene Säulen, goldene Kugeln. Jetzt verbauen die Theaterleute schon Edelmetall, denkt man. Doch diese Inszenierung spielt mit dem schönen Schein, feiert die Möglichkeiten szenischer Magie und füttert die Fantasie des Publikums. In vom Bühnenhimmel herunterhängenden Tauen erkennt man einen Wald, in einem Schattenspiel eine gute Fee. Der Regisseur bietet nicht elf, sondern lediglich sechs Prinzen und eine Prinzessin auf.

So hält es auch die japanische Version von Andersens Märchen, vielleicht hat ?agor sich ja auch von den "Sechs Schwänen" der Gebrüder Grimm beeinflussen lassen. Maya Haddad ist eine quirlige, intensive, sprachlich, geistig und körperlich bewegliche Elisa.

Ihr ist kein Weg zu weit und jede Zumutung recht. Auf Friedhöfen Brennnesseln sammeln, um daraus Hemden für ihre Brüder zu weben? Kein Problem. Bis zum Zeitpunkt der Erlösung stumm bleiben? Schon ein bisschen schwieriger, aber nicht unmöglich. Samuel Braun, Michael Meichßner, Jonas Minthe, Max von Mühlen, Lucas Sánchez und Christoph Türkay bewähren sich als virtuose Verwandlungskünstler. Eben noch König oder Königin, jetzt schon Kröten oder plätscherndes Wasser in Person - oder eben wilde Schwäne. Michael Meichßner hält die Trumpfkarte in seiner Hand. Er darf den fiesen, krummen und krächzenden Erzbischof verkörpern.

Am Ende siegt die selbstlose Liebe Elisas über all den Hexenzauber, der das Leben ihrer Brüder bedrohte. Widerstand gegen das Böse zahlt sich aus. Diese Erkenntnis vermittelt die Inszenierung mit zauberhaften Effekten und inspirierten Darstellern. Das Programmheft ist die Fortsetzung des interaktiven Theaterbesuchs mit anderen Mitteln. Es bietet die Anleitung für den Bau von Schwäne-Mobiles in neun Schritten. Außerdem lädt ein Poster dazu ein, die Aufführung nachzuerleben - und die eigene Gedächtnisleistung zu überprüfen. "Male der Stiefmutter die Fingernägel", heißt es da. Oder: "Welche Farben hat Elisas Kleid?" Gute Frage.

Infos

Die nächsten Aufführungen: 16., 22. und 30. November, 1., 2., 3., 4., 7., 8., 9., 10., 11. Und 14. Dezember. Schulvorstellungen jeweils um 10 Uhr, Familienvorstellungen 16 Uhr oder 18 Uhr. Karten gibt es in den Bonnticket-Shops der GA-Zweigstellen.

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