Art Cologne Hohe Qualität, viel Selbstbewusstsein

KÖLN · Franz Marcs Hasenbild kratzt bei der Art Cologne an der Zehn-Millionen-Marke. Daniel Hug, Direktor der Veranstaltung, ist vom Auftakt der Messe begeistert.

Daniel Hug kann vor Kraft nicht laufen, und auch seine Art Cologne gibt sich selbstbewusst wie selten: Man habe als deutsche Nummer eins international Punkte gesammelt, in den Kerndisziplinen "Qualität, Angebotsvielfalt und Ortsverbundenheit" reüssiert, das sei das Erfolgsgeheimnis einer Top-Messe, die Kunst von hundert Euro bis jenseits der Millionengrenze anbiete, trommelte der Direktor der Art Cologne am Mittwoch vor der Eröffnung der bis Sonntag laufenden Kunstmesse.

"Relevante und intelligente Kunst", dies und nichts anderes komme unter Hugs Ägide in die Kölner Messehallen. Naja, es gibt auch auf der 48. Art Cologne Schwächen und Abstürze, Unrelevantes und sehr Unintelligentes. Dem steht aber geballte Qualität gegenüber und eine gewachsene Freude, Kunst opulent zu inszenieren, dem Publikum, auch dem, das keine Kunst sammelt, Schauwerte zu bieten. Monetäre Werte kommen auch nicht zu kurz. Pendelten sich in den letzten Jahren die Spitzenpreise so zwischen drei und vier Millionen Euro ein, ist man 2014 mit deutlich höheren Erwartungen unterwegs.

9,4 Millionen Euro etwa verlangt die Galerie Thomas für ein Werk des Expressionisten Franz Marc von 1912, das gerade erst bei der Tefaf in Maastricht angeboten wurde. Die Münchner Galerie feiert ihren 50. mit nur einem Bild - Marcs "Die Angst des Hasen" inmitten eines grauenhaft in Rot und Grün und mit schlimmen Blumenarrangements dekorierten Messestands. Georg Baselitz' Gemälde "Kleine Schwester" von 1987 kostet bei der Kölner Galerie Michael Werner 1,2 Millionen Euro, Thaddaeus Ropac bietet ein Baselitz-Paar auf rotem Grund (2013) für 480.000 Euro an.

Von Neo Rauch, der bekanntlich sehr wenig malt, scheint nichts Taufrisches auf dem Kunstmarkt zu sein: Immerhin hat David Zwirner Rauchs 2013 entstandenes rätselhaftes, grünliches Großformat "Brandung" für 1,1 Millionen Euro an der Wand hängen.

Bei Eigen + Art bietet Judy Lybke ebenfalls einen Rauch von 2013 an, "Das Bannende" für 720.000 Euro. Die Berliner Galerie hat mit einer wunderbaren Kunst-Wand von Birgit Brenner und der Entdeckung Lada Nakonechna wie immer Überraschendes zu bieten. Die 32-jährige Ukrainerin zeigt ein Tableau aus einzelnen, mit filigranen Wellenstrukturen gefüllten Bildern. Der Preis sei Verhandlungssache, sagt Lybke, Lada wünsche das so, das gehöre zur Kunst.

Während der Messe könne mit ihr gefeilscht werden. Gerhard Richter, der noch auf traditionelle Marktmechanismen vertraut, wird von sieben Galerien vertreten. Bei von Vertes (Zürich) sind abstrakte Arbeiten des Wahlkölners im Wert von 4,8 Millionen Euro zu haben. Michael Schultz (Berlin) bietet eine mit neun Bildern bestückte Richter-Wand. Die Richter-Skala reicht von 8,5 Millionen Euro für ein Gemälde bis zu zwei Papierarbeiten à 195.000 Euro.

Der Kölner Klaus Benden zieht den Besucher mit einem spacigen, mit Spiegeln und Leuchtstäben besetzten Großobjekt von Hans Kotter in seinen Stand, um ihn dann mit vielen Warhols und dem letzten Gemälde des Pop-Art-Künstlers Tom Wesselmann - eine betörende Nackte vor gelben Tulpen (2004) - zu verwöhnen. Für die Galerie Lehmann hat Josep van Liefland offenbar seinen Keller ausgeräumt und stellt auf sechs Metern Breite Werkstatt, Videobänderarchiv und Rekorderhalde auf. Auch bei Lehmann: Tatjana Dolls rotzige Emaillelack-Version von Picassos Ikone "Guernica".

Der Düsseldorfer Hans Mayer macht mit den rollenden Augen von Tony Oursler auf seinen Messestand aufmerksam, begeistert mit einer raumgreifenden Arbeit des Bildhauers Norbert Kricke, einer Guillotinen-artigen, finsteren Arbeit von Anthony Caro und Jürgen Klaukes bitterbös-lasziven "Grüßen aus dem Vatikan". Ein Hingucker ist das Arrangement von Häusler, dessen Showroom mit Partenheimer-Kunst tapeziert ist - Rollenpreis 2000 Euro für zehn Meter. Auf der Tapete hängt ein witziges Regal mit grüner Keramik. Das ist Mary Heilmanns ironische Hommage an den Minimalisten Donald Judd, außerdem eine Rarität des Malers David Reed: vertikale Pinselzüge von 1977.

Was sonst noch auffiel: Ganz ausgezeichnet bestückt - mit viel guter Malerei - ist in diesem Jahr das Förderprogramm der "New Positions", der Sektion für Nachwuchskünstler; der gerade hundert gewordene K. O. Götz wird an mehreren Stellen gefeiert, besonders intensiv bei Marianne Hennemann; die Art Cologne macht jetzt auch in Kino, das anspruchsvolle Programm gibt es in der Filmbar oder online (www.sfe.tv); bei Christian Lethert gibt es die exklusive, zauberhafte Edition der 28 "Faces" von Imi Knoebel. Bleibt noch der unvermeidliche Ai Weiwei: Eine Fotoaktion im Entree erinnert blumig daran, dass der Regimekritiker noch auf seinen Pass wartet.

Messe Köln; bis 13. April. Do-Sa 12-20, So 12-18 Uhr. Karten ab 25 Euro

Vielversprechender Start der "Collaborations"

Als Mary Bauermeister 1962 getrockneten Kamel-Dung aus Sizilien mit nach New York schleppte, gab es Ärger mit Karlheinz Stockhausen, dessen Geliebte sie zeitweise war. Zu sehen sind einige ihrer Tableaus wie auch die Installation "However call", in der der Kamel-Dung und ein verkohlter Baumstamm Verwendung fanden, bei der Galerie 401 Contemporary im neu etablierten Sektor "Collaborations".

Hier sind Allianzen unterschiedlichster Art zu beobachten; die intimste dürfte jene zwischen Bauermeister und Stockhausen sein. "Die Emotionen sind abgeleiert", meinte die Künstlerin schnoddrig, was sie aber nicht davon abgehalten hat, ihrem Ex-Ehemann nach dessen Tod eine Art Altar zu bauen, bei dem sein Dirigentenrock und andere Devotionalien verwendet wurden.

Der Berliner Henrik Springmann hat sich mit dem New Yorker Salon 94 verbandelt, weil beide den Puertoricaner Carlos Rolon "Dzine" vertreten. Der hat dem Boxer Arthur Abraham einen funkelnden "Trophy Room" eingerichtet, der mit viel ironischem Blingbling Ghettokultur, Heldenverehrung und kulturelle Identität thematisiert.

Dies sind nur wenige Beispiele dafür, dass die "Collaborations" vielversprechend gestartet sind und neue Perspektiven der Zusammenarbeit aufzeigen.

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