Zeichnungen Loriot hat 50 Keramiken der Bonnerin Martina Robl bemalt

Bonn · Der Schirm steckt etwas wackelig auf dem bauchigen Lampenkörper. Der Transport von Berlin nach Bonn hat seine Spuren hinterlassen. Nur wenige Spuren. Das bauchige Gefäß zeigt eine romantische Szene. Er und sie einander zugewandt.

 Loriot bemalte 2006 die Lampe von Martina Robl.

Loriot bemalte 2006 die Lampe von Martina Robl.

Foto: Horst Müller

Er trägt ein mageres Blümchen im dünnen Mund. Er und sie haben beachtliche Nasen. In den Blicken wenig Begeisterung, doch man scheint fest entschlossen zu sein, die Romanze zu beginnen. Jeder kann sich vorstellen, was alles passieren kann, wenn es irgendwann zum Kuss kommt. Eine typische Loriot-Situation, bekannt aus den berühmten Sketchen und aus unzähligen Zeichnungen. Die Zeichnung auf dem Lampenkörper, der jetzt in Bonn steht, stammt auch von Loriot, signiert "Loriot 25.9.06". Acht weitere Gesichter sind auf der Lampe zu sehen, außerdem ein Mops.

Loriot und Keramik? Die Lampe und Dutzende weiterer Keramiken haben ihre eigene Geschichte, sind Teil des eher unbekannten Werks dieses großartigen Humoristen, der am 12. November 1923 geboren wurde und vor drei Jahren starb. Dass er etwa in schlaflosen Nächten seine mitunter düsteren, sarkastischen "Nachtschattengewächse" zeichnete, wussten lange nur Eingeweihte. Das keramische Werk kennen noch weniger Menschen. Es hat immerhin diverse Ausstellungen gegeben, etwa im Berliner Keramik-Museum in Charlottenburg - Loriot eröffnete die Schau 2011 per Telefon. Da konnte man die von Loriot bemalten Keramiken von Martina Robl sehen.

2001 waren sich der damals in den hohen 70ern stehende Loriot und die Hobby-Keramikerin erstmals. Man sprach über Hobbys, sie zeigte ihm ihre organisch geformten Keramiken. Sie gefielen ihm. "Wie würde sich wohl mein Nasenmännchen auf einer Tasse machen?", erinnert sich Martina Robl an Loriots Vorstoß. Warum nicht? "Er hat die Tasse mit Bleistift bemalt, mit Datum und 'Loriot' signiert", erzählt sie, "das Ergebnis war überraschend".

Das Gemeinschaftswerk wuchs und wuchs, rund 50 Keramiken entstanden in den folgenden Jahren. "Sie wurden immer größer", sagt Robl und zeigt eine 1,80 Meter lange, an einen Fernsehsessel erinnernde Sitzgelegenheit, eine aus keramischen Platten bestehende beheizbare Liege mit Armlehnen. Auf der Liegefläche ein Loriot-Mann im weißen Smoking-Jackett mit roter Fliege und Einstecktuch. Die Liege ist signiert und beschriftet: "Beim ersten Blick erkennt man schon das Komische im guten Ton." Ein hintergründiger Hinweis auf den Zauber dieses keramischen Werks.

Da ist ein Milchkännchen, auf dem ein mit "Loriot 06" signierter grinsender Elefant zu sehen ist und der Kopf eines plastisch gearbeiteten Rüsseltiers den Deckel ziert. Da ist eine Kanne mit Loriots klassischem Männchen, der auf der charakteristischen Knollennase eine Kerze trägt. Die Dame dazu sieht man mit dem Gänseblümchen auf dem Kopf nackt auf einem Teller. Signiert "Loriot 05". Auf weiteren Tellern und Tassen begegnet uns Loriots Hauptfigur: Der Mann mit der dicken Nase und dem zart lächelnden Strichmund.

Die Augen, die eher scheu in die Welt blicken, oft geschlossen oder auf zwei kleine Punkte reduziert. Loriot hat damit vor vielen Jahrzehnten einen Prototypen geschaffen, den Sanften, der auch mal aus der Haut fahren kann, wenn das Ei zu hart ist, der ungeschickt und linkisch, dabei aber ungemein liebenswert ist. Dieser Typ, der verträumter Romeo und verbohrter Spießer sein kann, bevölkert Loriots Kosmos, den zeichnerischen und den darstellerischen seiner TV-Sketche und Kinofilme.

Auf den Keramiken rekapitulierte der damals 77-Jährige noch einmal, was an diesen einfachen, liebevollen Figuren besonders ist: der Blick, die feine Geste, die sich manchmal nur in der Neigung des Kopfes ausdrückt, diese grenzenlose Lebensfreude. Loriots Zeichnungen auf der eigenwillig und fantasievoll geformten Keramik Martina Robls sind sehr unterschiedlich, mal zittrig, fast suchend und eckig, mal routiniert mit präzisem Strich gesetzt.

Die Keramiken zeigen, wie ungestüm sich selbst bei dem über 80-jährigen Loriot Erfindungsreichtum und Ironie manifestieren: Seine schwimmende Fischfrau hat - natürlich - Dauerwelle, Knollennase, Lippenstiftmund und Brüste, der dazu gehörige Fischmann ebenfalls Knollennase und einen gütig-melancholischen, man könnte auch sagen: treudoofen Blick.

In die von Robl organisch geformten Waschbecken hat Loriot ein badendes Paar oder einen rücklings im Wasser strampelnden Elefanten gezeichnet. Auch Loriots berühmter Mops wurde im keramischen Oeuvre verewigt: Auf einem großen Teller fixiert er den Betrachter mit seinen Knopfaugen und streckt die Zunge raus. Zwei kuschelnde Möpse sieht man auf einem Kaffee-Service. Andere Gefäße ziert der nicht minder berühmte Wendelin-Elefant.

Noch lagern die Keramiken in Kisten. Martina Robl würde sie gerne einem interessierten Publikum zugänglich machen. Es fehlen nur die geeigneten Räume. Bis dahin bleibt es beim geheimen Loriot-Schatz in Bonn.

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