In den Kammerspielen bebt der Boden

Mike Bartletts "Erdbeben in London" hat am Freitag Premiere in den Kammerspielen in Bad Godesberg. Das Werk erzählt die Geschichte dreier Schwestern und ist Familienstück, Zukunftsvision und düstere Komödie in einem.

 "Erdbeben in London": Maria Munkert und Oliver Chomik bei den Proben.

"Erdbeben in London": Maria Munkert und Oliver Chomik bei den Proben.

Foto: Lilian Szokody

Bonn. Bei diesem Titel liegt eine Frage nahe: Wird der Boden in den Kammerspielen Bad Godesberg beben, wenn am Freitag Mike Bartletts Drama "Erdbeben in London" auf die Bühne kommt? Für die zentrale Figur des Stückes, Freya (Birte Schrein), gebe es tatsächlich ein Erdbeben, sagt Stephanie Gräve.

"Allerdings lässt das Stück offen, ob es ein reales Erdbeben gibt. Das Erdbeben ist auch eine Metapher." Stephanie Gräve, Chefdramaturgin des Bonner Theaters, hat Bartletts Stück 2010 in London am National Theatre gesehen und für Bonn gebucht.

Tickets Karten in den GA-Zweigstellen oder bei bonnticket.deDas Werk des 31-jährigen Autors, das Johannes Lepper in den Kammerspielen inszeniert, erzählt die Geschichte dreier Schwestern. Freya ist eine Frau in der Krise. Sie ist hochschwanger und zweifelt daran, dass man ein Kind in eine versehrte Welt bringen darf. Bartlett hat ein Stück über ein großes Thema, die Zerstörung des Planeten durch Menschenhand, geschrieben.

Die Konflikte des Stückes schildert der Autor anhand persönlicher Schicksale, in den Menschen spiegelt sich die globale Zerstörung. "Erdbeben in London" ist Familienstück, Zukunftsvision und düstere Komödie in einem. Es gibt auch etwas zu lachen. Darauf legt Gräve Wert. Freyas Vater ist Robert Crannock (Wolfgang Rüter), ein apokalyptische Botschaften verbreitender Klimaforscher.

Der als Klima-Gott verehrte Mann ist korrumpierbar, verrät sein wissenschaftliches Ethos, weil er seiner Familie eine komfortable Existenz ermöglichen will. Doch gerade als Familienvater versagt er. Nach dem Tod seiner Frau hat er seine Töchter kurzerhand weggeschickt. Die älteste, Sarah (Tatjana Pasztor), ist eine grüne Umweltministerin, Jasmine (Maria Munkert) eine verlorene Studentin.

"Jasmine nimmt Drogen und hat irgendwelche Sexgeschichten", erläutert Stephanie Gräve.

Freya besucht den Vater, den sie viele Jahre nicht gesehen hat, um ihn um Rat zu fragen. Man kann sich ausmalen, was der Berufspessimist der Schwangeren mit auf den Weg gibt. Ihr Kind werde sie hassen, weil sie es geboren habe.

Gräve: "Mit diesem Konflikt läuft Freya durch die Welt." Mike Bartlett, geboren in Oxford, wollte ursprünglich Theaterregisseur werden. Er kam aber zum Schreiben, weil aus seiner Sicht nicht genügend gute Stücke auf dem Markt waren: eine zupackende Variante von "Do it yourself". Bartlett bevorzugt Dramen mit aktuellem Bezug.

"Es braucht mehr Gegenwart auf der Bühne", bringt Dramaturgin Gräve Bartletts Arbeitsansatz auf eine prägnante Formel. Der junge Autor hat Erfolg. Sein neues Stück "Thirteen" kommt ebenfalls im National Theatre in London heraus. Die Bonner "Erdbeben"-Produktion will er sich nicht entgehen lassen.

Premiere: Freitag, 14. Oktober, 19.30 Uhr, in den Kammerspielen Bad Godesberg.

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