Kunstmuseum Bonn In der Führung "Bilder und ihre Titel" steht die Beschriftung im Vordergrund

BONN · In der Mitte des Raumes im Kunstmuseum stehen aufeinander gestapelte Stellwände neben einem Möbelstück, an dem ein Schild angebracht ist - "Carl Spaeter" steht darauf. An den Wänden hängen acht vitrinenartige Schaukästen. Was will uns der Künstler Reinhard Mucha sagen? "Wasserstandsmeldungen" heißt diese Installation.

 Das soll ein Flamingo sein? Darüber rätseln nicht nur die Teilnehmer an der Führung mit Peter Lübben (rechts) im Kunstmuseum.

Das soll ein Flamingo sein? Darüber rätseln nicht nur die Teilnehmer an der Führung mit Peter Lübben (rechts) im Kunstmuseum.

Foto: Barbara Frommann

Der Titel liefere keine Erklärung, sondern sei Teil des Kunstwerkes, sagte Peter Lübben, der am Samstag die Sonderführung "Bilder und ihre Titel" leitete.

Mucha lasse den Betrachter mit dem Werk alleine. Der Titel gebe eine Grobe Richtung vor, der Name Carl Spaeter sei ein Hinweis - er war ein Industrieller in Koblenz, der großen Anteil an der Kanalisierung der Mosel hatte. Aber alleine um Hochwasser könne es nicht gehen, so Lübben, Mitglied im Arbeitskreis des Kunstmuseums. Das Werk könne auch zum Nachdenken anregen: "Wie stehen die Dinge heute für uns?"

So schwierig ist es zum Glück nur selten. Die Titel, bei Führungen oft ausgespart, würden oft das Bild beschreiben, wie bei Gerhard Boehmes "Hakenkreuzbild" oder auch der Installation "Strahlenfall", bei der Nylonschnüre durch einen Plexiglaswürfel fließen. Bei Gerhard Richter wird das auf die Spitze getrieben: "256 Farben" zeigt genau das.

Bei anderen, etwa August Mackes "Krankenhaus in Tegernsee", gebe erst der Titel Aufschluss darüber, was für ein Haus er damals gemalt hat. "Der Titel verändert die Wirkung." In anderen Fällen seien Bilder von Sammlern oder Galeristen unsicher betitelt worden: Heinrich Campendonks "Junges Paar am Tisch (Stillleben mit zwei Köpfen)" zeige zum einen kein Paar, sondern vermutlich einen Mann, der an eine andere Person denkt, und zum anderen sei es auch zu lebendig dargestellt.

Komplett dem Motiv entgegen ist "Flamingo" von Georg Herold: Bei diesem Vogel denke man an einen elegant auf zwei Beinen stehendes Tier mit dezent rosafarbenen Federn, so Lübben. All das zeige die Skulptur aber nicht: eine liegende Gestalt in kräftigem Orange, wenig elegant und quälend verkrümmt. Sie erfahre durch den Titel eine Umwertung.

Viele Beispiele ging Lübben mit den Teilnehmern durch, zum Beispiel die Werke von Joseph Beuys, bei denen der Titel bisweilen eine mythologisierende Aufwertung der bezeichneten Gegenstände darstellt, oder "70% Vrai (richtig) 21% Faux" (falsch) von Bernard Frize: Was an der gezeigten verschlungenen Endlos-Bahn sei richtig, was falsch, und wo blieben die restlichen neun Prozent?

"Frize trennt den Titel vom Bild und bringt uns zum Schmunzeln." Nicht zuletzt könne der Titel auch eine Anleitung darstellen, das Werk zu betrachten: Albert Oehlens "Raum für fantasievolle Aktionen" rege an, das Werk weiterzuspinnen - unter anderem auch durch die in das Bild integrierten Spiegel, durch die der Betrachter in das Werk integriert wird.

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