Abschluss des Crossroads-Festivals In der Harmonie wurde es richtig laut

Endenich · Im zehnten Jahr ihres Bestehens erfährt die Crossroad-Staffel ein völlig neues Lebensgefühl - drei Tage hintereinander ist die Harmonie restlos ausverkauft. Eine Nische wird verlassen, die ursprünglich die konzeptionelle Grundidee der viertägigen Konzertreihe war.

 Frisch geduscht: Autry Fulbright von den "Trials".

Frisch geduscht: Autry Fulbright von den "Trials".

Foto: Schnabel

An diesen drei Abenden kommen Bands auf die Bühne, die sich eine breite Fangemeinde erspielt haben. Hong Faux aus Schweden machen den Anfang des dritten Tages. Der zurückgelehnte, mit trockenem, staubigen Bass und tiefer gestimmten Gitarren gespielte Laid-Back-Stoner-Rock gibt dem Klischee Nahrung, dass in Schweden die Tage lang und dunkel sind. Auch wenn das Songwriting ein wenig auf der Strecke bleibt, schaffen die Schweden ein gutes Bauchgefühl für die Rival Sons aus Kalifornien, die in ihrem Segment die It-Band der Stunde sind.

"Keinem Stil zuzuordnen", so führt Moderator Rembert Stiewe die Band ein. Es folgen Stücke, die mit keinem Ton ihre großen Vorbilder, Led Zeppelin, verleugnen und deren Erbe fortführen. Lässig steht Gitarrist Scott Holiday mit Velvet-Underground-Sonnenbrille da. Neben ihm Jay Buchanan, dessen klare Stimme auch in Höhen den Ton hält. Seine Bühnenfigur erinnert an Jim Morrison. Ähnlich wie jener geht er stolz zum Mikro, um sich dann wieder scheu abzuwenden und selbstversunken auf der Bühne in Trance zu verfallen.

Am vierten Tag rotziger Punkrock aus Göteborg. Chuck Norris Experiment haben nichts mit dem schauspielenden Karatekämpfer und nur wenig mit dem Namen gebenden Bluesgitarristen Charles, "Chuck" Norris zu tun. Ältere Herren laden mit fetzigen Stakkato-Riff-Rocknummern zum Pogen ein. Es folgt mit "And You Will Know Us by the Trail of Dead" ("und du wirst uns erkennen an der Spur der Toten").

Noch nie war es so laut in der Harmonie wie an diesem Abend. Waren die Rival Sons wild und enthusiastisch, so zeigen die Trials, wie weit man über die Grenzen des Hardrock gehen und wie viel Schönheit in gnadenlos aufgedrehten Gitarren stecken kann. Noise-Rock, der die letzten Barrieren von Sonic-Youth durchbricht. Drums und Gitarre hämmern so leidenschaftlich, dass den Besuchern das Trommelfell zu platzen droht, die Fans aber zu ekstatischem Tanzen animiert.

Die Trials vergessen sich auf der Bühne. Aber auch das, was in ihrem Vertrag steht. Nach 55 Minuten wirft Jamie Biller seine Drums um. Die Band verabschiedet sich. Bassist Autry Fulbright ist bereits unter der Dusche. Nach einiger Aufregung backstage erscheint er notdürftig mit Unterhose bekleidet auf der Bühne. Anarchie und Wahnsinn, die im letzten Stück einen aufwühlenden Ausdruck findet. Das ist Rock'n'Roll - für den Einen eine Offenbarung, für den Anderen verstörend.

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