Meinardus' "Luther in Worms" in der Kreuzkirche Inniges Piano und Fortissimo-Wucht

BONN · "Reformation und Musik" lautet das Motto der Stafettenwoche, die der Kirchenkreis Bonn mit einem musikalischen Großprojekt eröffnete: An die 300 Chorsänger, dazu sieben Solisten und ein groß besetztes Orchester hatte Karin Freist-Wissing für Ludwig Meinardus' vergessenes Oratorium "Luther in Worms" zusammengetrommelt.

 "Luther in Worms" in der Kreuzkirche.

"Luther in Worms" in der Kreuzkirche.

Foto: Horst Müller

Der überzeugte Pietist Meinardus und sein Librettist Wilhelm Rossmann erzählen darin vom Pilgerzug der Luther-Anhänger nach Worms, wo der Unbeugsame dem Kaiser Rede und Antwort stehen soll.

Nimmt man die Unzulänglichkeiten des vor deutschtümelndem Pathos und protestantischem Eifer nur so triefenden Textes mal beiseite, lohnt es sich durchaus, das Werk auszugraben. Musikalisch wandelt der konservative Meinardus auf den Spuren von Händel, Bach und Co., ohne auf romantische Klangpracht zu verzichten.

Natürlich bekommt der verschlagene Römer Glapio die finstere Orchesterbegleitung und muss mit manieristischen Koloraturen seinen dogmatischen Katholizismus verdeutlichen; natürlich singt die Figur des Luther die ungekünstelte Sprache einer aus sich selbst strahlenden Wahrheit.

Leider sind auch bei den Solisten die Kräfte ungleich verteilt: Während dem Bariton Erik Sohn die dämonische Tiefe für die Bass-Partie Glapio fehlt, schmettert Thomas Laske den als echte Bariton-Partie angelegten Luther mit Kraft und Geschmeidigkeit in jeder Lage; auch das Arioso mit dem lyrisch verhaltenen "Hier steh' ich, ich kann nicht anders" überzeugt.

Als Katharina ist Sigrún Pálmadóttir zu hören, die ihren Sopran mit dem wunderbaren Tenor von Mirko Roschkowski in der Rolle des Justus Jonas um die Wette strahlen lässt. Hinter den hervorragenden Solisten braucht sich das gut aufgestellte Sinfonieorchester ebenso wenig zu verstecken wie der schön ausbalancierte Chor: Unter dem präzisen Dirigat von Karin Freist-Wissing singen alle in einem weit gespannten dynamischen Spektrum zwischen innigem Piano und expressiver Fortissimo-Wucht.

"Luther in Worms" ist ein opulentes Konzerterlebnis. Dass die Textverständlichkeit unter der hohen Zahl der Mitwirkenden leidet, ist klar - um so ärgerlicher aber ist es, dass die Programmhefte mit abgedrucktem Text schon lange vor Beginn des Konzertes vergriffen sind.

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