Internationale Bonner Tanzsolofestival: Haarige Männer sind sexy

Eine haarige Angelegenheit ist die Uraufführung auf der Bühne des Theaters im Ballsaal von Anfang an: Felle, falsche Bärte und Perücken in allen Formen und Farben dienen als Haarersatz, Gesichtstoupet oder Lendenschurz, werden an- und ausprobiert und wieder verworfen.

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Foto: Cocoon

Bonn. Eine haarige Angelegenheit ist die Uraufführung auf der Bühne des Theaters im Ballsaal von Anfang an: Felle, falsche Bärte und Perücken in allen Formen und Farben dienen als Haupthaarersatz, Gesichtstoupet oder Lendenschurz, werden an- und ausprobiert und wieder verworfen.

Mit "I've been first and last" eröffnet das Gastgeber-Ensemble CocoonDance das 3. Internationale Bonner Tanzsolofestival, und das wilde Mähnenschütteln ist ein Hinweis auf einen der vielen Subtexte, die in dem Stück nebeneinander herlaufen: Das Wilde im Mann, die behaarte Brust, das noch von keinen Geheimratsecken entstellte Haupt, hier wird es zugleich zelebriert und auf die Schippe genommen. Pfeif auf die glatt rasierten und epilierten Werbeikonen des 21. Jahrhunderts, haarige Männer sind jung, vital und sexy.

Infos Weitere Informationen unter www.theater-im-ballsaal.deVier davon stehen auf der Bühne, aber bis zum Schlussbild nie gemeinsam, sondern in wechselnden Soli. Der Jüngste heißt Felix Pohl und ist gerade mal zwölf, der älteste, Hanns Uelner, ist Jahrgang 1935, in der Mitte stehen der Schauspieler David Fischer und der Tänzer Volkhard Samuel Guist für das beste Mannesalter. Die vier teilen sich Kostüme, Haare und Biografien. Vor dem Hintergrund des immer wieder zitierten Grimm-Märchens "Der Eisenhans" werden ihre Geschichten raffiniert ineinander verwoben und ihre Lebensentwürfe in Frage gestellt.

David Fischer hebt in einem Monolog über sein Körpergestrüpp scheinbar die Grenzen zwischen Figur und Schauspieler auf, Guist tanzt den wilden Mann, der ganz in seiner Kreatürlichkeit aufgeht und dennoch verzweifelt versucht, seine Fesseln zu sprengen. Rafaele Giovanola hat ihm den Part auf den Leib choreografiert, Jörg Ritzenhoff dazu elektro-akustische Klänge komponiert.

Und mittendrin balanciert Felix Pohl fast schwerelos zwischen Kindheit und Erwachsenwerden, so seelenruhig und bestimmt, als könne ihm auf der Suche nach sich selbst niemand etwas anhaben. Dabei lauert das nötige Scheitern schon hinter der nächsten Wegbiegung. "I've been first and last" ist ein sehenswerter Versuch über Vater-Sohn-Beziehungen, Entwicklung und Identitätssuche, und wenn auch nicht jede Anspielung ihr Ziel erreicht, erlaubt das intensive Spiel von Tänzer und Darstellern doch immer wieder einen Blick auf das, was sich hinter dem Vorhang aus Haaren und gesellschaftlichen Konventionen verbirgt.

Tanzsolofestival bis zum 26. Februar im Ballsaal und in der Brotfabrik.

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