Jazziges in der Kunsthalle, Brahms in Endenich

Bass-Bariton Thomas Quasthoff im Kunsthallen-Forum zu Gast bei Till Brönner - "Echo Klassik"-Preisträgerin Ida Bieler spielt bei Endenicher Brahms-Tagen

Jazziges in der Kunsthalle, Brahms in Endenich
Foto: Müller

Bundeskunsthalle. "Es ist nicht wirklich ein Wunder, dass Sie so zahlreich erschienen sind", scherzt Till Brönner, Gastgeber der Reihe "Talkin'Jazz" mit dem Publikum im ausverkauften Forum der Bundeskunsthalle. Handelt es sich doch bei seinem Gast um den Bass-Bariton Thomas Quasthoff, der in allen großen Konzertsälen dieser Welt die Reihen füllt.

Quasthoff hat mit Dirigenten wie Claudio Abbado, Daniel Barenboim, Kurt Masur oder auch Sir Simon Rattle zusammengearbeitet, Schubert, Mahler und Bach gesungen und macht nun also in Jazz ? Wer das so sieht, hatte Quasthoff bislang wohl völlig falsch eingeschätzt, wie das Gespräch mit Brönner zeigt.

Denn der 48-Jährige, der es heute neben seiner Lehrtätigkeit als Professor für Gesang an der Hochschule für Musik "Hanns Eisler" in Berlin mit Rücksicht auf seine Familie gern etwas ruhiger angehen lässt, ist genau das, was der für sein Genre an sich völlig untypische Begriff "cool" meint. Witzig und selbstironisch, sprachlich gewandt und doch oft auch überraschend direkt.

Der "Behindertenbonus" allein hätte ihn jedenfalls niemals dahin bringen können, wo er jetzt stehe. Und der Jazz ? Der habe ihn schon seit seiner Jugend fasziniert, erzählt Quasthoff. Seine Interpretationen von "My Funny Valentine" oder "You And I" überzeugen, bis zur Gänsehaut. Nicht etwa, weil Quasthoff aus Prestigegründen mal eben ins Jazz-Fach gewechselt wäre.

Sondern weil er schlichtweg Freude daran hat, alle Facetten seiner Stimme zu zeigen und weil er diese Freude gerne mit anderen teilt. "Watch What Happens" heißt Quasthoffs von Till Brönner produziertes Jazz-Album. Es ist großartig.

Endenich. Der dritte Abend der Brahms-Tage in der Endenicher Trinitatiskirche stand ausschließlich im Zeichen seiner drei Violinsonaten sowie dem "Scherzo" aus der "FAE-Sonate". Als Solistin hatte James Maddox - Pianist und zugleich künstlerischer Leiter - die "Echo Klassik"Preisträgerin Ida Bieler gewinnen können. Sie war - bis zu dessen Abschied von der Bühne - Mitglied im Melos Quartett und konzertiert neben ihrer Lehre an der Robert-Schumann-Hochschule Düsseldorf international.Das "Scherzo" war Brahms' Beitrag zur Motto-Sonate "frei aber einsam" für den Geiger Joseph Joachim gewesen; die Impulsivität des Werks brachte Bieler mit leidenschaftlicher Vitalität zum Ausdruck. Maddox' kraftvoller Zugriff überdeckte hier noch zu dominant die Violine. In der pastoralen G-Dur Sonate - die in Bonn 1879 uraufgeführt wurde - war das Verhältnis ausgewogener, was der ruhigen Grundstimmung und dem klagenden Ton im "più andante" zugute kam.

Eine neue Stufe der "ökonomischen Gefühlsbetonung" bescheinigt das "New Grove Dictionary" Brahms in seinen späteren Sonaten op. 100 und 108: Das gleichwertige Duo machte seine Sache fantastisch. Mit Verve meisterten sie nicht nur das schwungvolle Vivace (op. 100), Bieler verlieh auch dem Adagio (op. 108) mit schmelzendem Ton viel Wärme. Herzlicher Applaus in der gut besuchten Kirche.

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