Sammler der Handschriften "Jene geheimnisvolle Sekunde des Übergangs"

Als der österreichische Schriftsteller Stefan Zweig Ende der 30er Jahre im brasilianischen Exil sein vielleicht berühmtestes Werk, die "Schachnovelle", schrieb, hatte er sich bereits von einer Leidenschaft lossagen müssen, die sein Leben zuvor geprägt hatte.

 Autor und Sammler: Stefan Zweig, aufgenommen ca. 1940.

Autor und Sammler: Stefan Zweig, aufgenommen ca. 1940.

Foto: dpa

Zweig war Sammler von Handschriften großer Literaten und Komponisten, darunter nahm Ludwig van Beethoven eine zentrale Rolle ein. Das Beethoven-Haus gibt in seiner gestern eröffneten, von Museumsleiter Michael Ladenburger kuratierten Sonderausstellung "Stefan Zweig als Sammler und Vermittler von Beethoveniana" einen aufschlussreichen Einblick in die öffentlich weniger wahrgenommene Passion des österreichischen Schriftstellers.

Dass ein bedeutender Anteil von Zweigs Sammlung im Beethoven-Haus aufbewahrt wird, hat mit der engen Beziehung zu tun, die er zu dem Schweizer Sammlerkollegen Hans Conrad Bodmer und dessen Berater, dem Beethovenforscher Max Unger, pflegte. Zweig hatte Bodmer in der ersten Zeit freilich noch als Konkurrent auf dem damals schon hart umkämpften Autographenmarkt betrachtet.

Nachdem sich Zweig wegen der politischen Entwicklung in Nazi-Deutschland von den meisten Objekten seiner Sammlung getrennt hatte, war sie zu einem großen Teil in die Sammlung Bodmers aufgegangen, der seine eigene komplette Sammlung später dem Beethoven-Haus vermachte, wo sie wiederum seit 60 Jahren den Kernbestand der Sammlung des Hauses bildet.

Zweig war so fasziniert von den Autographen, weil sie das Werden der Kunst sichtbar machten: "Jene geheimnisvolle Sekunde des Übergangs, da ein Vers, eine Melodie aus dem Unsichtbaren, aus der Vision und Intuition eines Genies durch graphische Fixierung ins Irdische tritt", schrieb er in seinen Erinnerungen "Die Welt von Gestern". Dass er eines Tages das Glück hatte, den heute in der Dauerausstellung des Beethoven-Hauses zu sehenden Schreibtisch Beethovens erwerben zu können, stimmte Zweig vollends glücklich.

Das umfangreiche Begleitbuch zur Ausstellung "Das ,kollektive Sammler-Empfinden'" ist im Beethoven-Haus oder im Buchhandel für 16,80 Euro erhältlich.

Das sechsteilige Rahmenprogramm beginnt am 31. Mai mit einer Lesung des Schauspielers Timo Berndt.

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