Jochen Malmsheimer wird mit Morenhovener Lupe ausgezeichnet

"Wenn Worte reden könnten...": So hieß im Jahr 2000 sein erstes Soloprogramm. Und wenn sie es denn könnten, so würden sie sich ganz gewiss bei Jochen Malmsheimer bedanken.

 Glückwunsch: Jochen Malmsheimer (links) erhält die Morenhovener Lupe von Klaus Grewe.

Glückwunsch: Jochen Malmsheimer (links) erhält die Morenhovener Lupe von Klaus Grewe.

Foto: Wolfgang Henry

Swisttal-Morenhoven. "Wenn Worte reden könnten...": So hieß im Jahr 2000 sein erstes Soloprogramm. Und wenn sie es denn könnten, so würden sie sich ganz gewiss bei Jochen Malmsheimer bedanken. Denn der Kabarettist und Autor aus Bochum liebt die Sprache, und diese Liebe wird erwidert. Das macht ihn zum idealen Kandidaten für die Morenhovener Lupe, mit der er am Mittwochabend im ausverkauften Krea-Theater ausgezeichnet worden ist.

Die Jury von KuSS (Kultur und Spektakel im Swisttal) hat Malmsheimer in ihrer Laudatio als wahren "Kabarett-Vulkan" bezeichnet. Und dürfte mit dieser Beschreibung womöglich noch ein wenig untertrieben haben. Denn wann immer der Preisträger loslegt - wozu er sich in aller Regel nicht allzu lange bitten lassen muss -, sind seiner eruptiven Sprachgewalt scheinbar weder Maß noch Ziel gesetzt. In Wahrheit jedoch hat Malmsheimer seine Worte wohl gewogen. Und es ist die unverwechselbare Mischung einer ausgesprochen lebhaften, mitunter ins Cholerische abdriftenden Vortragsweise und des genüsslichen Gebrauchs literarischer Formulierungen von anno dazumal, die seinen Stil nunmehr seit gut zehn Jahren prägt.

"In ihm brodelt eine gewaltige kabarettistische Magmakammer", führt die Jury weiter aus. Auf dass sie sich entlade. Dazu reicht in Malmsheimers Fall schon die Erinnerung an frühere Versuche, eine originalgetreue Bahnhofshalle für seine Modellbahn zusammenzubauen, und an den naiven Optimismus, mit dem er dereinst mit einer Tube Alleskleber in der einen und einer brennenden Zigarette in der anderen Hand zu Werke ging.

"Der Deutsche ist ein Bastler, und der Schwede hat's gemerkt". Zu diesem Ergebnis ist der veritable Wortakrobat schon vor Jahren gekommen. Für ihn selbst freilich gilt dies nur bedingt. Konnte er seinerzeit schon den Heimwerker-Formaten im dritten Fernsehprogramm nur bedingt etwas abgewinnen.

Eine weitaus ergiebigere Quelle erschloss sich ihm mit dem Werbefernsehen der Siebziger Jahre. Als Pril-Blumen auf Küchenfliesen blühten, als Lichtgestalten wie die Waschfrau Klementine noch mit bloßem Auge zwischen sauber und rein zu unterscheiden wussten und als Tilly - "ja genau so wie der schwedische General" - die Hände ihrer Besucherinnen kommentarlos in eine undefinierbare grüne Tunke tauchte.

Das war die Ära der Kellerfeten. Dort, wo eine hellgraue Betontreppe direkt zur Federkernmatratze führte, "die noch die Flucht aus Krakau überstanden hat ... samt all ihrer mehrbeinigen Bewohner". Damals kam die Musik noch vom Kassettenrekorder, Verkehrshinweise inklusive: "Achtung, auf der A 43 schneit es in beiden Richtungen". Kurzum: Zum kleinen Glück in juveniler Selbstüberschätzung genügten Malmsheimer und seinen Freunden eine "Bombe Pennerglück, auch bekannt als Lambrusco" und der unter der Küchenlampe gut "durchgesuppte" Nudelsalat namens Walter.

Das war auch die Zeit, als Bochum einfach Bochum war und nicht aus lauter Neid und Verzweiflung mit Blick nach Dortmund seine Imagekampagne in die Hände einer Essener Agentur gegeben hatte: "Bochum macht jung? Lächerlich. Mir fällt vieles ein, was einem gut tut und was jung macht. Bochum gehört definitiv nicht dazu."

Lupe-Preisträger Jochen Malmsheimer tritt im kommenden Jahr im Rheinbacher Stadttheater auf: am 12. November 2011. Für den Abend mit Bestsellerfresser Wolfgang Nitschke am Freitag, 20 Uhr, im Krea Theater gibt es noch Karten an der Abendkasse für 15 Euro.

Kurz gefragtGA: Was fangen Sie mit der Lupe an?
Jochen Malmsheimer: Damit lässt sich ein Feuer entfachen. Sie mag wahlweise auch als Tablett für kleine Speisen dienen. Aber im Ernst: Die Lupe bekommt natürlich einen Ehrenplatz bei mir zu Hause.

GA: Wo kommen all die schönen alten Wörter in Ihren Programmen her?
Malmsheimer: Vom Lesen. Je mehr, je besser. Das hab ich immer gern getan. Und ich freu mich wie ein Kind, wenn ich auf ein Wort oder eine Wendung stoße, die ich noch nicht kannte. Sprache ist für mich wie Musik. Ein Genuss.

GA: Ihre Heimatstadt Bochum bekommt so einiges ab. Gibt es Alternativen, zum Beispiel Bonn?

Malmsheimer: Rheinland und Ruhrpott nehmen sich nicht wirklich viel. Was ich hingegen am Süden Deutschlands schätze, ist, dass man sich dort noch Zeit zum Sprechen lässt.

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