Universität in Bonn Jörg Ritter wird neuer Musikchef

BONN · Der Kölner Dirigent Jörg Ritter wird ab Juni neuer musikalischer Chef an der Bonner Universität. Ab Juni soll er unter dem gemeinsamen Dach des Kulturforums der Uni für die Sparte Musik verantwortlich sein, teilte die Universität am Mittwoch mit.

Das Kulturforum wird von Kultur-Intendantin Anja Stadler geleitet. Jörg Ritter, der zurzeit den Kammerchor Bern leitet, tritt die Nachfolge des im Februar zurückgetretenen Akademischen Musikdirektors André Kellinghaus an. Ritter war bereits einer der Kandidaten, die bei dem abgesagten Probedirigat im März hätten mitwirken sollen.

Ob mit der Personalie Ritter nun Ruhe ins Musileben an der Universität einkehren wird, ist allerdings ungewiss. Mit der Berufung Ritters werden gravierende strukturelle Änderungen einhergehen. Dabei steht die Frage im Raum, ob der traditionsreiche Name "Collegium musicum" die Neustrukturierung in irgendeiner Form überleben wird.

Erst am Dienstag hatten Studenten 5666 Unterschriften der Online-Petition "Generalpause - nein danke!" an die Uni-Leitung überreicht. Mit ihren Unterschriften votierten die Unterzeichner für den Erhalt des Collegium musicums.

Uni-Sprecher Andreas Archut hielt sich zu diesem Punkt am Mittwoch noch bedeckt: Der neue musikalische Leiter wolle den Dialog mit allen universitären Musikinteressierten suchen, teilte Archut auf Anfrage des General-Anzeigers mit, und ergänzte: "Inwieweit dabei Begrifflichkeiten eine Rolle spielen, bleibt abzuwarten." Wie aus anderer Quelle zu erfahren war, hat sich diie Uni-Leitung jedoch offenbar schon entschieden, den Namen Collegium musicum ganz aufzugeben.

Der neue Musikchef Jörg Ritter, Jahrgang 1966, ist ein echter Rheinländer. Er wurde in Leverkusen geboren und blieb den größten Teil seiner beruflichen Karriere der Region verhaftet. Von 2004 bis 2008 war er Leiter des WDR Rundfunkchores.

Zudem arbeitete er häufig mit Ensembles wie dem NDR Chor, dem SWR Vokalensemble, den BBC Singers und Orchestern wie dem Kölner Gürzenich-Orchester und den Orchestern des WDR zusammen. Zudem leitete er Einstudierungen großer Chorwerke für Dirigenten wie Claudio Abbado, Semyon Bychkov, Sir Neville Marriner, Sir Roger Norrington und Michael Gielen.

Einen Schwerpunkt seines Repertoires bildet die Moderne. Unter anderem dirigierte er 2010 die Uraufführung von Adriana Hölszkys Oper "Hybris" an der Staatsoper in Lissabon. 2008 folgte er einem Ruf als Gastprofessor auf den Lehrstuhl für Chor- und Orchesterleitung an der Indiana University in Bloomington, dem sich weitere Lehrtätigkeiten in Yale, Boston und Köln anschlossen. Auch im Betrieb eines klassischen Sinfonieorchesters kennt er sich aus: 2011 war er zum Künstlerischer Manager der Bochumer Symphoniker ernannt worden.

Seine Berufung nach Bonn sieht Ritter als Herausforderung. Zu einem persönlichen Gespräch war er gestern nicht zwar nicht zu erreichen, aber die Mitteilung der Uni zitiert erste konzeptuelle Ideen Ritters: "Ensembles, Veranstaltungen, Projekte und spartenübergreifende Konzepte sollen den Reichtum an Traditionen des universitären Lebens und an Talenten derer widerspiegeln, die die Universität bevölkern. Von Alter Musik bis zur Moderne, von Jazz bis zu freien Musiktheaterformen, vom großen Oratorium bis zum Kammermusik-Ensemble wird für alle etwas dabei sein."

Die studentischen Sänger und Musiker des Collegium musicum begrüßten gestern die Entscheidung für Ritter, kritisierten jedoch den Stil. In einer Mitteilung von gestern hieß es: "Besorgniserregend ist auch die Tatsache, dass die Universitätsleitung diese grundlegenden Personal- und Strukturentscheidungen hinter verschlossenen Türen und ohne studentische Mitbestimmung getroffen hat.

Auf ein allgemein übliches Probedirigat wurde verzichtet, studentische Musikerinnen und Musiker von der Namensstreichung nur notdürftig informiert."

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