Jürgen Nimptsch: "Die Politik muss Kultur und Sport pflegen"

Die Stadt Bonn sucht weiterhin einen neuen Dezernenten für Kultur und Sport. Der Bonner Oberbürgermeister hatte mit seinen beiden Vorschlägen bei CDU und Grünen keine Unterstützung gefunden. Mit Nimptsch sprachen Dietmar Kanthak und Thomas Kliemann.

 Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch.

Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch.

Foto: Presseamt Bonn

Die Stadt Bonn sucht weiterhin einen neuen Dezernenten für Kultur und Sport. Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch (SPD) hatte mit seinen beiden Vorschlägen bei CDU und Grünen keine Unterstützung gefunden. Mit Nimptsch sprachen am Montag Dietmar Kanthak und Thomas Kliemann.

General-Anzeiger Der erste Akt des Dramas um den neuen Kultur- und Sportdezernenten hat in der Öffentlichkeit einen zwiespältigen Eindruck hinterlassen. Hier schienen alle Akteure eher gegeneinander als miteinander zu spielen. Reflektiert das die politischen Verhältnisse in der Stadt?

Jürgen Nimptsch: Das Verfahren ist auf Seite der Verwaltung völlig korrekt nach Recht und Gesetz abgelaufen. Wir haben eine Vorauswahl unter den 62 Bewerberinnen und Bewerbern getroffen und sind an dieser Stelle auch dem Wunsch der Gestaltungsmehrheit gefolgt, einen weiteren Bewerber zum Vorstellungsgespräch einzuladen. Es wurden dann die drei Bestgeeigneten ausgewählt; sie sollten dem Rat zur Auswahl vorgeschlagen werden. Einer der drei Bewerber hat dann allerdings abgesagt, so dass nur noch zwei zur Wahl standen. Ich musste bis dahin den Eindruck haben, dass dieses Verfahren zum Ziel führen würde, da die Gestaltungsmehrheit mich ausdrücklich um Vorschläge gebeten hatte. Es war nicht abzusehen, dass man sich die Wahl eines der beiden Bestgeeigneten bei den Grünen nicht vorstellen konnte, nur weil er das Parteibuch des Koalitionspartners hat.

GA: Gab es das Kalkül, mit der Nominierung des CDU-Mannes einen Keil zwischen Schwarz und Grün zu treiben?

Nimptsch: Überhaupt nicht.

GA: In der Außenwirkung erscheint der Job des Kulturdezernenten jetzt sehr unattraktiv. Wie soll es nach Ihren Vorstellungen weitergehen?

Nimptsch: 62 Bewerbungen haben zunächst einmal deutlich gemacht, dass diese Stelle sehr attraktiv ist. Das Verfahren ist jetzt wieder offen und wird sich auf diejenigen 36 Personen beziehen, die ihre Bewerbung aufrechterhalten haben.

GA: Wie sieht der Zeitplan aus?

Nimptsch: Ich möchte gerne beide Personalvorschläge, den für das Kulturdezernat und den für die Nachfolge von Herrn Dr. Kregel, dem Rat im September vorlegen.

GA: In Zeiten wie diesen wird immer wieder neu über den Stellenwert von Kultur in den Städten in Deutschland gesprochen. Welche Priorität hat die Kultur für Sie?

Nimptsch: Kultur und Sport ermöglichen, dass Menschen sich in ihrer Stadt wohlfühlen und auch stolz auf sie sein können. Kulturleistungen, sportliche Leistungen sind es, die das Herz öffnen. Deswegen ist man in der Politik immer gut beraten, wenn man dieses Wohlgefühl, dass aufgrund von kulturellem Angebot und entsprechender Leistung entsteht, auch pflegt. Wir haben in Bonn daher auch einen der höchsten Pro-Kopf-Sätze bei den Kulturausgaben in ganz NRW: Etwa 170 Euro pro Kopf und Einwohner im Jahr; der Durchschnittswert liegt unter 100 Euro.

GA: Es ist immer wieder die Rede von einem Kulturentwicklungsplan. Wie weit ist der gediehen?

Nimptsch: Wir haben einen entsprechenden Auftrag des Rates und wollen diesen Plan mit dem neuen Dezernenten oder der neuen Dezernentin entwickeln. Es war im übrigen eine zentrale Frage an die Bewerberinnen und Bewerber, wie sie diesen Prozess moderieren würden. Wir werden aus der Verwaltung heraus, da die Zeit drängt, nach der Sommerpause einige Eckpunkte vorschlagen. An dem Prozess werden dann natürlich viele Menschen aus der Bonner Kultur beteiligt sein. Meine Rolle ist dabei nur die des Moderators.

GA: Ist denn auch geplant, im Zuge dieser Überlegung einen Kulturamtsleiter zu finden oder zu installieren?

Nimptsch: Die Stelle wurde bereits ausgeschrieben, die kommissarische Beauftragung für die Amtsleitung wird beendet.

GA: Ist das Festspielhaus noch ein Thema?

Nimptsch: Wichtig für die Absage an das Festspielhaus war das Wort "vorerst". Das bedeutet, dass von den drei Punkten, die dazu geführt haben, dass das Projekt Festspielhaus geschoben worden ist, mindestens die zwei wesentlichen auch ausgeräumt sein müssen, bevor das Thema wieder auf die Tagesordnung kommt. Der erste Punkt ist der lähmende Einfluss der nicht beendeten Baustelle Konferenzzentrum. Es muss Gewissheit bestehen, dass dieses Problem gelöst ist.

Der zweite Punkt, der geklärt sein muss, ist die Sorge um den städtischen Haushalt. Ich kann Ihnen nicht sagen, wie die Entwicklung und die Diskussion um das Kulturkonzept ausgehen wird. Ich weiß nur, wir müssen die Diskussion in der ganzen Stadt gemeinsam zu einem Punkt bringen, an dem wir sagen können: Wir haben ein Konzept. Und dann erst können wir die großen Unternehmen wieder um ihre Unterstützung bitten.

GA: Haben Sie den Eindruck in Ihren Kontakten mit den Bonner DAX-Unternehmen, dass für sie der Standortfaktor Kultur genauso eine Bedeutung hat wie für Sie?

Nimptsch: Das ist natürlich unterschiedlich ausgeprägt. Ich glaube aber, dass die Unternehmen, die das kulturelle Großprojekt "Festspielhaus" realisieren wollen, ausschließen werden, dass ihre Mittel in die Sanierung der Beethovenhalle fließen, sondern das hier nur ein Neubau gefördert wird.

GA: In Zeiten knapper Kassen ist oft die Rede von Kulturkooperationen zwischen Städten. Gibt es eine neue Initiative?

Nimptsch: Es hat dazu früh mehrere Treffen gegeben, mit dem Kölner Oberbürgermeister Jürgen Roters und den Präsidenten der IHKs in Köln und Bonn. Wichtig ist, dass die beiden Städte ihre Eigenständigkeit behalten und dass die Finanzierung, bei der die beiden großen Städte, die die Kulturleistung für das ganze Umland bereithalten, mittelfristig auf andere Füße gestellt wird

GA: Gibt es denn ein übergreifendes Kulturangebot?

Nimptsch: In Frage kommen hier insbesondere unsere Museen. Und an der Stelle hätten wir es, glaube ich, am leichtesten, wenn wir den internationalen Touristen die längste Museumsmeile von Düsseldorf bis Koblenz, die wir hier in Europa haben, auch noch besser präsentieren, als wir das tun. Den Besucherinnen und Besuchern aus Kanada ist es völlig egal, ob sie in Köln-Bonn oder in Düsseldorf landen; die künstlerisch Interessierten kommen wegen eines attraktiven Programms. Wenn man solchen Leuten ein Tourismus-Paket schnürt, dann sind sie vielleicht sogar im nächsten Jahr bereit zu sagen, ich nehme die Ausstellung der Bundeskunsthalle, bei der es auch um Künstler geht, die sich mit Landschaft und Gartenbau beschäftigt haben, mit auf dem Weg zur Bundesgartenschau in Koblenz.

Zur PersonJürgen Nimptsch, 1954 in Wesseling geboren, studierte in Bonn Deutsch und Sport auf Lehramt.

Von 1996 bis zu seinem Amtsantritt als Bonner Oberbürgermeister im Oktober 2009 leitete er die Gesamtschule in Beuel. Seit 1985 ist Nimptsch Mitglied der SPD. Er lebt mit seiner Familie in Beuel.

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