Abschied vom WDR Sinfonieorchester Jukka-Pekka Saraste dirigiert grandioses Finale mit Mahler

Köln · Kölner Publikum feiert den finnischen Dirigenten in der ausverkauften Philharmonie mit Standing Ovations.

 Applaus für die Kölner: Jukka-Pekka Saraste mit dem WDR Sinfonieorchester in der Philharmonie.

Applaus für die Kölner: Jukka-Pekka Saraste mit dem WDR Sinfonieorchester in der Philharmonie.

Foto: Thomas Brill

Auf der Bühne habe er ja bislang noch nicht sehr viel gesprochen, räumte der finnische Dirigent Jukka-Pekka Saraste am Freitagabend seinem Publikum im ausverkauften Saal der Kölner Philharmonie ein. „Aber heute muss ich“, sagte er noch. Und: „Besser spät als nie.“ Für dieses ungewöhnliche Debüt hatte der Musiker einen triftigen Grund. Es war sein Abschiedskonzert als Chefdirigent des WDR Sinfonieorchesters Köln, das er seit 2009 geleitet hatte. Er bedankte sich bei den Kölnern auf eine sympathisch scheue Art, für die WDR-Trompeter Peter Mönkediek in der am Abend ausgelegten Abschiedsbroschüre das Wort von der „nordischen Wärme“ prägte. Sarastes schönstes Kompliment: „Ich habe so viel Inspiration bekommen von Ihnen!“

Er sprach auch einige erläuternde Worte über das Programm, das mit Ausnahme des Hauptwerks – Gustav Mahlers Sinfonie Nr. 5 – bis zu diesem Abend geheim gehalten worden war. Die meisten im Saal hatten sicherlich mit einem Stück von Jean Sibelius gerechnet, mit dessen Musik er während seiner Amtszeit für viele Sternstunden gesorgt hatte. Doch Saraste entschied sich für ein Programm, das auf eine sehr besondere Weise die Stadt Köln in den Mittelpunkt rückte. Es begann mit dem Stück „Photoptosis“ des Kölner Komponisten Bernd Alois Zimmermann, gefolgt von der „Großen Fuge op. 133 des aus der Nachbarstadt Bonn stammenden Ludwig van Beethoven, die sozusagen den Weg bereiteten für Mahlers Sinfonie, die am 18. Oktober 1904 in Köln durch das Gürzenich-Orchester unter Leitung des Komponisten uraufgeführt wurde.

Der Titel von Zimmermanns Werk „Photoptosis“ bedeutet so viel wie „Lichteinfall“. Tatsächlich ließ sich der Komponist dazu von Yves Kleins monochromen Wandflächen im Foyer des Gelsenkirchener Musiktheaters im Revier inspirieren. Die Zitate aus Wagners „Parsifal“, Beethovens Sinfonie Nr. 9, Skrjabins „Poeme“ und dem alten Hymnus „Veni Creator“ deuten freilich darauf hin, dass es Zimmermann dabei um mehr ging als um Klangfarben. Und gerade diese existenziellen Aspekte arbeitete Saraste mit dem glänzend aufgelegten WDR Sinfonieorchester klangvoll und expressiv heraus.

Ungeheure Energieflüsse

Wunderbar transparent und ausdrucksvoll erklang Beethovens komplexe „Große Fuge“, die in der Streichorchesterfassung Felix Weingartners zu hören war. Saraste zeigte hier ein sehr genaues Gespür für die Dramaturgie des Stücks und für die ungeheuren Energieflüsse, die Beethoven hier freisetzt.

Nicht weniger großartig schließlich die Aufführung der fünfsätzigen Mahler-Sinfonie. Schon das von Peter Mönkediek sehr akzentuiert geblasene Trompetensignal am Anfang gab die Richtung vor. Und auch hier erlebte man wieder eine ideale Ausgewogenheit aus klanglicher Transparenz und musikalischem Ausdruck. Dabei konnte sich Saraste auf jeden Musiker im Orchester verlassen, was natürlich insbesondere in den Solostellen fühlbar wurde, als zum Beispiel Premysl Vojta im dritten Satz das konzertierende Hornsolo virtuos und überaus sicher in der idiomatischen Phrasierung blies. Obwohl keineswegs sentimentalisierend gespielt, ging der Streicherklang des berühmten Adagiettos zu Herzen. Im Finale schließlich konnte man sich noch einmal von Sarastes großem Können überzeugen, als er mit ruhigen und überlegen ausgeführten Gesten eine Steigerung herbeiführte, deren apotheotischer Höhepunkt von grandioser Wirkung war. Das Publikum applaudierte stehend und so lang, als wollte es Saraste gar nicht gehen lassen. Sein Nachfolger Cristian Macelaru macht übrigens im September gleich mit Mahler weiter. Da steht die Nr. 4 auf dem Programm.

Am 6. September, 20 Uhr, dirigiert Jukka-Pekka Saraste im WCCB das Eröffnungskonzert des Bonner Beethovenfests mit der Philharmonia Zürich. Auf dem Programm stehen Werke von Beethoven (Sinfonie Nr. 6 „Pastorale“), Frank Martin („Concerto“) und Béla Bartók („Der wunderbare Mandarin“). Karten gibt es bei Bonnticket.

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