Netzprojekt „Stage Door“ Junges Theater startet neues Projekt im Internet

Bonn · Das Junge Theater Bonn hat ein neues Online-Projekt namens „Stage Door“ gestartet. Während der Theatersaal vor Ort aufgrund des Kontaktverbotes geschlossen bleiben muss, können Zuschauer im Netz das Theater nun besser kennenlernen.

 Der Saal des Jungen Theaters Bonn bleibt aufgrund des Kontaktverbotes leer.

Der Saal des Jungen Theaters Bonn bleibt aufgrund des Kontaktverbotes leer.

Foto: Junges Theater

Andrea Brunetti, Jahrgang 1972, ist Rumpelfrau, Graugnom, Undis und Druide 2 in Personalunion. In diesen vier Partien wirkt die Bonner Schauspielerin in der aktuellen Inszenierung des Kinderbuchklassikers „Ronja Räubertochter“ mit, die für diesen Samstag um 15 Uhr auf dem regulären Spielplan des Jungen Theaters Bonn steht. Doch die Vorstellung findet, aus hinlänglich bekannten Gründen, nicht statt. Gleichwohl bleibt Brunetti aktiv und kommuniziert auf anderen Wegen mit der Zielgruppe: Die Schauspielerin präsentiert „Atemübungen mit F, S und Sch“ auf einem kurzen Video, das in einem neuen Online-Angebot des Jungen Theaters zu finden ist. Man müsse das Zentrum des Atmens mehr in die Bauchregion verlegen, doziert Brunetti mit jugendlichem Charme. Die Kamera steht in ihrer Beueler Wohnung, im Hintergrund hängt ein Plakat des Films „Die fabelhafte Welt der Amélie“, davor steht ein weißes Klavier.

Ihr Kollege Jan Herrmann, Jahrgang 1974, hat in dieser Spielzeit Rollen etwa in „Michel aus Lönneberga“ und „Das letzte Aufgebot“. Jetzt sitzt er zu Hause auf einer blauen Couch und fordert in einem Videoclip die Zuschauer zu einer Schauspiel-Übung auf: „Stellt euch vor, ihr seid in eurer Wohnung und wechselt den Raum“, sagt Herrmann. Dann regt er an, diesen Wechsel von A nach B in unterschiedlichen Stimmungen zu spielen: fröhlich, traurig, eilig. „Beim nächsten Video gibt es eine neue Aufgabe.“

Das Junge Theater macht aus der Not eine Tugend. Das Haus in der Hermannstraße Beuel bleibt zwar bis auf weiteres geschlossen, doch die Intendanz hat eine Möglichkeit geschaffen, mit der sich die Verbindung zwischen Künstlern und Publikum aufrechterhalten lässt. Der neue Online-Service „Stage Door“ auf der Internetseite des Theaters öffnet die Türen des Hauses virtuell und erweitert den Blick hinter die Kulissen um zahlreichen Angebote der interaktiven Art. Die Einladung gilt für „für alle, die sich für Theater interessieren, die Theater erleben, erlernen und selber machen wollen“, wie Intendant Moritz Seibert betont.

„Stage Door“ ist kein Spaziergang durch Räume, „Stage Door“ geht in die Tiefe des Theaterwesens. Ensemblemitglieder erklären Schauspieltechniken auf Videos, man erfährt einiges über die Berufsbilder. Interessierte Nutzer werden gleichsam aufgerufen, eigene Ideen für neue Stücke zu entwickeln. Und sie erfahren, was dabei zu beachten ist. In der Rubrik „Dramaturgie“ erklärt Seibert beispielsweise, wie es sich beim Stück „Das Dschungelbuch“ mit den Urheberrechten verhält: „Der Roman von Rudyard Kipling ist heute nicht mehr urheberrechtlich geschützt, aber der Film von Walt Disney ist noch geschützt.“ Bedeutet: Den Romanstoff darf ein Theater frei verwenden, das Lied „Probier‘s mal mit Gemütlichkeit“ nur mit Genehmigung von Disney.

Der neue Service öffnet so ziemlich alle Bereiche des Theaters. Unter der Rubrik „Ausstattung“ kann man zum „Dschungelbuch“ seine Ideen für ein Bühnenbild oder die Kostüme der Tiere einbringen. Dabei hilft der Grundriss der Bühne und die Textfassung des Stück. Beides steht als Download bereit. „Stage Door schafft die Basis dafür, dass Kinder und Jugendliche ihre Ideen einbringen und an den Spielplänen und Stücken mitarbeiten können, die im JTB umgesetzt werden, sobald diese Krise vorbei ist“, sagt Seibert.

„Stage Door“ besticht zudem durch die Liebe zum Detail. So gibt es zum Musical „Emil und die Detektive“ einen Klavierauszug mit allen Lieder zum Stück – von „Berlin“ bis „Haltet den Dieb“. Umfang: 193 Seiten. Und: Wer mitsingen will, kann etwa bei „Ein guter Morgen“ auch die Playback-Version hochladen.

Multimedia spielt ohnehin eine große Rolle im Jungen Theater Bonn: Zur Produktion von Michel Endes Stück „Die unendliche Geschichte“ im Jahr 2017 etwa haben die beiden Hauptdarsteller den Entstehungsprozess der Inszenierung bis zur Premiere dokumentiert. Oscar Kafsack (damals 13) spielt den Atréju, Tristan Witzel (damals 15) den Bastian. Die Videos veröffentlichten sie auf ihrem Youtube-Kanal „Bastréju“. Bei „Stage Door“ veredeln die Filme die Rubrik „Mediathek.

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