Politik und Gesellschaft Kabarettist Urban Priol im Bonner Haus der Springmaus

Bonn · Der Kabarettist Urban Priol hat mit Helmut Kohl angefangen und will mit Angela Merkel aufhören. Im Haus der Springmaus hat der 56-Jährige mit der wilden Sturmfrisur erneut mit der Politik und der Gesellschaft abgerechnet.

Urban Priol artikuliert seine Meinung mit Verve.

Urban Priol artikuliert seine Meinung mit Verve.

Foto: Thomas Kölsch

Immer die selbe Leier. Machtgeile Teflon-Politiker verkaufen fröhlich Waffen in Kriegsgebiete in der ganzen Welt, statt sich mal um die Rentnerinnen zu kümmern, die an die Tafel gezwungen werden, suhlen sich in der eigenen verbalen Gülle und schreiten auf der nach unten offenen Kellertreppe des intellektuellen Niveaus mit stolzgeschwellter Brust eine Stufe nach der anderen hinab. Eigentlich hat Urban Priol davon die Nase voll. Doch irgendjemand muss dieses Missstände ja anprangern. Vor allem jetzt, da immer mehr altgediente Kabarettisten in den wohlverdienten Ruhestand gehen. Insofern ist Priol quasi verpflichtet, auch nach 35 Jahren auf der Bühne weiter zu wettern.

Gemeinsam mit Helmut Kohl hat er damals angefangen, betont er gerne, und es müsste schon mit dem Teufel zugehen, wenn er nicht gemeinsam mit Angela Merkel abtreten kann. Also 2033. So viel Ehrgeiz ist schon da. Im Haus der Springmaus hat der 56-Jährige mit der wilden Sturmfrisur also jetzt erneut mit der Politik und der Gesellschaft abgerechnet – und sich bei einem kleinen Rückblick umso mehr eine Veränderung gewünscht.

Der Meister des Wortes versteht die Welt nicht mehr

Kohl und Merkel sind für Priol die perfekten Ziele. Predigen Stabilität und meinen Stillstand. Ein lähmendes, tödliches „Weiter so“, geboren aus der Bequemlichkeit eines Landes, dem es eigentlich noch recht gut geht. Oder das zumindest mehrheitlich glaubt. Warum also neue Wege gehen? Das gefährdet im Zweifelsfall Arbeitsplätze, und mit diesem Totschlagargument hat bislang noch jeder Politiker seine Blockadehaltung rechtfertigen können. Es sei denn, ein Unternehmen wie Siemens entschließt sich dazu, weltweit 7000 Stellen zu streichen, während es gleichzeitig einen Gewinn von sieben Milliarden Euro verbuchen kann. Darüber regt sich niemand auf. Außer Urban Priol, der die Welt nicht mehr versteht.

„Total gaga“, sagt er verzweifelt und verweist exemplarisch auf den Internationalen Gaddafi-Preis für Menschenrechte (der allerdings seit 2010 nicht mehr verliehen wird). Da kann, nein, da muss doch alles auseinanderbrechen. Zumal echte Hoffnungsträger nicht in Sicht sind.

Priol ist ernüchtert. Und regt gerade dadurch zum Nachdenken an. Zugegeben, manchmal verheddert er sich, etwa wenn er sich über europäische Staaten ärgert, die machen was sie wollen, nur um im Anschluss Deutschland dafür zu kritisieren, dass es den internationalen Haftbefehl gegen Carles Puigdemont gemäß geltender Gesetze prüft. Aber in vielen anderen Belangen trifft er den Nagel in seinem dreistündigen Programm auf den Kopf. Was hoffentlich auch noch eine Zeit lang so bleibt. Zumindest bei Urban Priol sollte sich also nicht so viel verändern.

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