Kammerspiele zeigen Tragödie "Ion" von Euripides

Intelligente Biestigkeit - Katharina von Bock und Oliver Chomik spielen Mutter und Sohn in Klaus Weises Inszenierung

Bonn. In Richard Dressers Stück "Blick auf den Hafen" verkörperte Katharina von Bock im Mai in der Halle Beuel eine Frau, die durch ihre intelligente Biestigkeit auffiel. Und die von ihrem übermächtigen Vater abhängig war. Am Ende stand die Frau, die alles hätte haben können, mit leeren Händen da. Tragisch.

Oliver Chomik hatte als Muttersöhnchen in Polly Stenhams "That Face - Szenen einer Ehe" ebenfalls im Mai in der Werkstatt einen starken Auftritt. Henry (Chomik) war das Geschöpf seiner Mutter. Er konnte ihr nicht entfliehen, und das brach ihm das Herz: "Das ist mein Leben. Sie ist mein Leben." Jetzt ist Katharina von Bock sein Leben - und seine Mutter.

Tickets Karten in den GA-ZweigstellenZusammen spielen von Bock und Chomik in "Ion oder Der neue Sohn" des Euripides Kreusa und Ion. Klaus Weise, der die Schauspielerin in Zürich kennengelernt hat, inszeniert das Stück am Freitag in der Halle Beuel; Hubert Ortkemper hat den Text übersetzt und bearbeitet.

Beim Kaffee in einem Bonner Hotel lobt Katharina von Bock, die zum zweiten Mal als Gast engagiert ist, das neue Projekt: "Gute Arbeit, toller Text." Die Geschichte um den von Apoll gezeugten Sohn, eine List des Gottes und die Konsequenzen für eine Familie ist für die in Zürich lebende Schauspielerin dreierlei: Tragödie, Psychodrama und Komödie. Das alles gehe "Schlag auf Schlag", neunzig Minuten Drama pur.

Und nicht "so'n Klopper", kein "Dreieinhalb-Stunden-Aussitzer" à la Medea, wie Katharina von Bock salopp hinzufügt. Sie ist der Typ feine, gebildete, attraktiv geistreiche Lady, die keine Scheu vor flotten Sprüchen hat. Damit überrascht sie immer wieder.

Oliver Chomik absolviert seine zweite Spielzeit in Bonn. Gleich nach der Ausbildung in Leipzig ist er an Klaus Weises Bühne gewechselt und hat sofort Spuren hinterlassen, Aufsehen erregt. Ist er zufrieden hier? Ja, sagt Chomik, "ich darf ja viel spielen". Er ist nicht auf dem direkten Weg zur Schauspielerei gekommen; die hat er als Schüler gehasst.

Zu Zeiten, als er sich fragte: "Was zum Teufel will ich machen?", war die Bühne so weit entfernt von ihm "wie der Mond". Irgendwie haben Märchen, die Lektüre von Shakespeare und ein paar Zufälle den Weg ins Theater bestimmt. Und Chomik, 30, ist "glücklich darüber, dass es so gekommen ist". Das merkt man. Er sieht sehr zufrieden aus.

Vielleicht liegt das ja auch an der Gegenwart seiner Schauspiel-Partnerin, die sogar mit Sinn für Ironie darüber spaßen kann, dass sie die Mutter des jungen Mannes verkörpert. Allerdings sei der Kreusa die Empfängnis auch früh widerfahren. Katharina von Bock, Jahrgang 1968, stammt aus einer Schauspieler-Familie.

Da liegt die Frage nahe, ob sie ihren Kindern, die sie während des Bonner Engagements nur am Wochenende sehen kann, eine Karriere im Theater nahelegen würde. "Ich würde mir was anderes wünschen", sagt sie. Aber die Schauspielerei sei immer noch besser als das Ballett. Und dann meldet sich wieder die saloppe Katharina von Bock zu Wort: "Die machen sowieso, was sie wollen."

"Ion oder Der neue Sohn" von Euripides: Premiere am Freitag, 19.30 Uhr, in den Kammerspielen.

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