Kann man Bücher lieben?

BONN · Man kann, wie das Literaturhaus Bonn mit viel Engagement zeigt.

Die Ausgangslage war nicht rosig, die Vorgeschichte alles andere als ermutigend und die Ambitionen waren riesengroß: Ein knappes Jahr nach dem Start des Literaturhauses Bonn fällt die Bilanz trotz allerlei Handicaps aber glänzend aus. 31 Veranstaltungen mit jeweils zwischen 20 und 300 Zuschauern und -hörern veranstaltete das Literaturhaus gemeinsam mit Partnern wie Universität, Bundeskunsthalle, Landesmuseum, Kunstverein und Theater Bonn. Wobei das Literaturhaus fürs Programm zuständig war und die Partner dem hauslosen Literaturhaus eine Spielstätte boten.

Höhepunkte des Jahres waren eine attraktive Reihe zum Buchmessen-Schwerpunkt Island, der Abend "Engel des Vergessens" mit der diesjährigen Bachmann-Preisträgerin Maja Haderlap und Bruno Ganz' Lesung aus "Unendlicher Spaß" von David Foster Wallace. Die Bandbreite war enorm, reichte von "Post Poetry - Gedichte zum Versenden" bis zur Diskussion über "Die Terroristen von nebenan" von Rolf Clement und Elmar Jöris oder der Literaturhaus-Reflexion "Kann man Bücher lieben?" mit Hubert Winkels.

"Wir haben wahnsinnig reingepowert", erzählt Vorstandsmitglied Heidemarie Schumacher. Und Barbara Weidle, die Erste Vorsitzende, meint: "Wir sind im Rahmen der Möglichkeiten gut gestartet, sind aber mit unserem ehrenamtlichen Engagement auch an Grenzen gestoßen." Die angestrebte Professionalisierung, eine langfristige Planung, gezielte Öffentlichkeitsarbeit und ein schärferes Profil seien mit einem ehrenamtlichen Vorstand allein nicht zu schaffen.

Daher hat man sich verstärkt - Kristina Wydra unterstützt das Literaturhaus "im operativen Geschäft" (Weidle), was etwa die Hälfte der städtischen Förderung verschlingt. 50.000 Euro hatte das Literaturhaus als institutionelle Förderung für 2011 zugesagt bekommen. Da sich die Haushaltsberatungen bis in den Sommer hineinzogen, bekam es jedoch nur 25. 000 - für ein gesamtes Jahresprogramm.

"Ein Absturz gegenüber der Vorgängerinstitution Haus der Sprache und Literatur, das 270.000 Euro pro Jahr bekommen hatte", wie Schriftführer Michael Klevenhaus anmerkt. Man will nach vorne blicken, "etwas in Bonn machen, was kein anderer machen kann und will". Das reicht vom Schreib-Workshop bis zur Lesung und zum Filmabend. Zum Beispiel an diesem Freitag. "Sie sagen, dass jemand auch ein Poet ist, der nicht Kunst macht, sondern poetisch lebt", fragte Lars Brandt H.C. Artmann in seiner wunderbaren Dokumentation.

Auf vollen Touren läuft die Planung für 2012. Abende mit Ulla Hahn und David Grossman, der mit seiner Übersetzerin Anne Birkenhauer kommt, stehen fest. Konrad Beikircher wird die Premiere seines neues Buchs "Als die Strohhalme noch aus Stroh waren - Eine Kindheit in Südtirol" mit dem Literaturhaus Bonn begehen.

Restprogramm 2011

  • Werkstatt im Opernhaus: Lesung mit Chalid Al Chamissi, der mit "Im Taxi. Unterwegs in Kairo" das Buch zur ägyptischen Revolution geschrieben hat. Heute, 20 Uhr.
  • Bundeskunsthalle: Der Bonner Autor Lars Brandt stellt seine wunderbare Filmdokumentation über den Schriftsteller H.C. Artmann aus dem Jahr 2000 vor. Freitag, 25.11., 19 Uhr.
  • Café im Kunstmuseum: Vier gälische Kurzgeschichten und vier Whiskeys hat Michael Klevenhaus am 9.12., 19.30 Uhr, im Angebot.
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