Katastrophen am Kaffeetisch

Kunststudenten stellen in Bonner Bundeskunsthalle aus

Katastrophen am Kaffeetisch
Foto: Fischer

Bonn. Von Guggenheim geblieben sind Absperrungsplatten. Unscheinbare, mit Fußabdrücken versehene Bodensockel - als Laufsteg begehbar, von Spiegeln flankiert.

Mirjam Thomann (28) inszeniert jeden Museumsbesucher, der sich auf ihren Catwalk wagt, auf den Resten der Megaschau. In räumlicher Nachfolge der modernen Meister haben sich Studenten der deutschen 24 Kunsthochschulen in der Bundeskunsthalle versammelt.

Zum siebten Mal spült der alle zwei Jahre vom Bundesministerium für Bildung und Forschung ausgelobte und vom Deutschen Studentenwerk organisierte "Bundeswettbewerb Kunststudentinnen und Kunststudenten stellen aus" die einzigartig umfangreiche Schau nach Bonn.

Der Kreativsud umfasst alle Nuancen von feurig bis fad und zieht quer durch die Medien, wobei die stärksten Arbeiten unter (Multimedia)-Installation und Malerei zu finden sind. Technisch virtuos lotet Kailiang Yang (Hamburg) die Möglichkeiten klassischer Malerei aus. Verwandelt Szenen regennasser Straßen und blühender Kirschbäume in ein poetisches Spiel aus Fotorealismus und öliger Unschärfe.

Schon durchs Sujet fallen die großformatigen Leinwände des New Image Painters Benjamin Moravec (Nürnberg) auf, denn die dargstellte Brutalität ist zum Fürchten. Steril von Sesselreihen gerahmt, lässt der Maler die üblicherweise flüchtige Gewalt aus Kino-, Thriller- und Nachrichtensequenzen monumental erstarren.

Judy Ross (Berlin) entführt die Besucher ihrer begehbaren Videoinstallation der "Pension Rita" via Psychotrip in die hintersten Winkel Neuköllns. Es gilt, multimediale Puzzleteile zusammenzusetzen, bis das schäbige Etablissement als Sammelbecken verpfuschter Existenzen erscheint. Katastrophen am Kaffeetisch.

Das groteske Kammerspiel hat die Jury mit Karola Grässlin (Leiterin der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden), Ulrike Groos (Direktorin der Kunsthalle Düsseldorf) und Tim Sommer (Chefredakteur "art") überzeugt und Ross einen der mit jeweils 5000 Euro dotierten Förderpreise des Wettbewerbs beschert.

Weitere Gewinner: Benjamin Houlihan (Düsseldorf), die bereits erwähnte Mirjam Thomann (Hamburg) sowie die mit Arbeiten zum Tafelbild überzeugende Videokünstlerin Miriam Schmidt-Wetzel (Mainz). Thomas Bratzke (Berlin-Weißensee) und Performancekünstler Andreas Peiffer (Kiel) beziehen als Förderstipendiaten die Villa Vigoni am Comer See.

Bis 11. März. Öffnungszeiten: mo 10-19 Uhr, di-so 10-21 Uhr. Der Katalog kostet 8 Euro.

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