Kein Feuer, keine Flamme

Die Musik kommt vom Band, die Bilder hat Markus Lüpertz gemalt: Die Reihe "Bonn Chance!" zeigt in der Bundeskunsthalle "Fahrenheit 451", eine Kammeroper des australischen Komponisten Brenton Broadstock

Kein Feuer, keine Flamme
Foto: Thilo Beu

Bonn. Je öfter du fragst, wie weit du zu gehen hast, desto länger erscheint dir die Reise - sagt ein australisches Sprichwort. Unglücklicherweise fragt man sich bei der deutschsprachigen Erstaufführung der Kammeroper "Fahrenheit 451" im Forum der Bonner Bundeskunsthalle ziemlich oft, wie weit der australische Komponist Brenton Broadstock, Jahrgang 1952, seine redliche Klangerzeugungs-Arbeit noch treiben will.

Die exakten 53 Minuten vom elektronischen Tape haben die gefühlte Länge eines satten Opernabends. Da ist kein Feuer drin in dieser Musik, deren Stoff jede Menge mit Feuer zu tun hat. Ray Bradburys Science-Fiction-Klassiker "Fahrenheit 451", spätestens mit der Truffaut-Verfilmung von 1966 einem großen Publikum vertraut, spielt in einem totalitären Zukunftsstaat, der selbstständiges Denken ausradiert, indem er Bücher verbrennen lässt.

Ausgerechnet die Feuerwehr betätigt sich dabei als Brandstifter. Immerhin einer, Feuerwehrmann Guy Montag, wagt den Weg in den Untergrund, wo Bücher in Herz und Kopf bewahrt werden. Brenton Broadstock hat das Ganze mit einer Art Muzak unterlegt, einer Kaufhaus- und Fahrstuhlmusik, die wabert und wummert, dräut und gurgelt, manchmal auch sphärisch schmust, vor allem aber vor sich hin mäandert.

Erklärtes kompositorisches Ziel: "die Atmosphäre einer kalten, inhumanen, repressiven Gesellschaft zu erzeugen." Da freilich sitzt das Sound-Unternehmen einem Irrtum auf: Langeweile, durch Langeweile dargestellt, ergibt auf dem Theater nach wie vor nicht Spannung, sondern Ödnis.

Es hilft wenig, dass sich das Ensemble - unter anderem Emanuel Pichler (Guy Montag), Barbara Havár und James McLean - souverän um expressive Gesangslinien bemüht, dass Christoph Sprenger als musikalischer Leiter offenbar präzise Einstudierungsarbeit geleistet hat - die im Libretto arg skelettierte Geschichte bleibt ungefährlich und lässt kalt.

Als bemühter Beitrag zu dem am Sonntag anstehenden Welttag des Buches mag sie gerade noch durchgehen. Die Bonner Oper verkauft das Unternehmen in ihrer durchaus verdienstvollen Experimentier-Reihe "Bonn Chance!" als "australische Avantgarde", die in diesem Fall allerdings aus dem Jahr 1992 kommt.

Verkaufsfördernd zeichnet für die Ausstattung Düsseldorfs Maler-Professor Markus Lüpertz (Porträt siehe unten) verantwortlich, der damit schon einmal einen kleinen - und unentgeltlichen - Vorgeschmack auf eine große Retrospektive gibt, mit der er wahrscheinlich im nächsten Jahr in der Bundeskunsthalle zum Zuge kommt.

Ein Bühnenbild darf man von Lüpertz nicht erwarten; auf einigen Stoffbahnen, die man mit reichlich gutem Willen als Raum-Installation bezeichnen könnte, skizziert er Szenen aus dem Buch. Sie haben etwas Leichtfüßiges und Flüchtiges - und lassen immerhin mehr von Verletzbarkeit und Bedrohung ahnen als die Inszenierung von Ralph Goertz. Die nämlich beschränkt sich auf einem Laufsteg vor den Lüpertz-Bildern auf stilisierte Gestik; kasernenhofmäßiges Hackenschlagen muss fürs Totalitäre genügen.

Die nächsten Aufführungen von "Fahrenheit 451" in der Bundeskunsthalle: 21., 22., 25. und 26. April. Karten gibt es unter anderem in den Geschäftsstellen des General-Anzeigers.

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