Kein Frieden im Bonner Krieg der Professoren

Noch immer beharken sich die Troja-Experten Manfred Korfmann und Frank Kolb - Michael Koch gibt in der Bundeskunsthalle einen Zwischenbericht

Bonn. Wie einen "genialen Marketing-Trick" könne man den Trojanischen Professorenkrieg zwischen dem Archäologen Manfred Korfmann und dem Althistoriker Frank Kolb werten, sagte Michael Koch, ebenfalls Historiker und bewährter Berater der Bundeskunsthalle in archäologischen Fragen.

Immerhin habe die lautstark geführte "Schlacht" die Besucherzahlen der Troja-Schau in die Höhe getrieben. Und in eben dieser Ausstellung sprach Koch zum Thema "Troja aktuell - Impressionen und Perspektiven" und berichtete vor allem vom Tübinger Symposium zur "Troja-Debatte".

Wortgewandt und mit ironischen bis sarkastischen Spitzen schilderte er das höchst zweifelhafte Procedere des Symposiums, das, von zwei Moderatoren denkbar ungeschickt geleitet, zwar die "rationale Chance eines klärenden Diskurses" geboten habe, aber letztlich wie ein Glaubenskrieg, in dem niemand seine Position aufgibt, verlaufen sei.

Beiden Professoren standen je fünf - in der prähistorischen Archäologie mehr oder weniger kompetente - Kombattanten zur Seite. Koch nannte sie alle namentlich und listete ihre Argumente zur Frage auf, welcher Rang denn nun der Unterstadt von Troja VI/VIIa zustünde.

Kolb selbst, sagte Koch, habe eine "Abrechnung mit einem Phantom" geliefert, aber immerhin fünf Kriterien für eine veritable ostmediterrane Handelsstadt genannt.

"Troja hat von all dem nichts", so wurde der Althistoriker zitiert. Michael Koch: "Kolb hat nichts dazu gelernt." Nach wie vor bestreitet er die Ergebnisse der archäologischen Bohrungen Korfmanns, ignoriert die materiellen Erkenntnisse, die Troja als "regionales Zentrum mit Herrensitz" ausweisen.

"Kolb wollte den Standort (Troja VI/VIIa) klein reden. Das ist ihm nicht gelungen." Wenn es ein Ergebnis zu verzeichnen gibt, dann dieses: "Homer hat bei Troja nichts zu suchen!" Und Korfmann werde wohl in Zukunft seine Grabungsergebnisse verhaltener vortragen; sonst aber sind alle Fragen offen. Es herrscht kein Frieden im Trojanischen Professorenkrieg.

Den Misserfolg der zwei Tage währenden Debatten kreidete Michael Koch letztlich den Moderatoren in ihrer "relativen Tübinger Konzilianz" an, die den Parteien höchst unterschiedliche Redezeit zugestanden. Allerdings richtete Michael Koch seine Kritik auch gegen die Troja-Ausstellung selbst, die immerhin - in ihrem Missverhältnis von "archäologischer Realität und überwiegender Rezeptionsgeschichte" - die Polemik ausgelöst habe.

"Tübingen war schrecklich, aber nicht überflüssig", resümierte der Referent. Offenbar steht ihm das Symposium als Mahnung vor Augen und Ohren, wissenschaftliche Streitfragen nicht zu personifizieren, schon gar nicht emotional abzuhandeln, Humorlosigkeit und Rechthaberei hier keinen Platz einzuräumen.

Sachlichkeit und Konzentration auf die Geschichte Trojas aus hethitischer, mykenischer und griechischer Sicht und nicht aus homerischem Geist und Mythos - das ist Michael Kochs Parole. Die Troja-Forschung "lohnt auch, wenn Homer in die philologischen Seminare zurückkehrt".

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