Kein leichtes Spiel bis zur Theater-Premiere

Rund zwei Monate dauert die harte Arbeit auf der Probebühne der Bonner Oper, bevor eine Inszenierung erstmals aufgeführt wird

Kein leichtes Spiel bis zur Theater-Premiere
Foto: Frommann

Bonn. Ein Karussellpferd, Tische, Stühle, ein Kühlschrank, vier Kuben und jede Menge Folie. Doch anders als in einem länger nicht entrümpelten Keller gibt es dazwischen genug Platz. Gerade genug für Schauspieler, Regisseur und Bühnenbildnerin. Probebühne zwei, Bonner Oper. Leises Murmeln, Papier raschelt, Spannung liegt in der Luft. In drei Wochen muss das Stück stehen. Dann ist Premiere in der Werkstatt-Bühne. Dorthin zieht die Produktion kurz vor der Premiere um. Bis dahin muss das Provisorium reichen. Auch wenn jedesmal Opernarien hereindringen, sobald die Tür sich öffnet. Klappt sie wieder zu, hält sie eine andere Welt unter Verschluss.

Jens Kerbel gehört auf den Regiestuhl. Diesen Eindruck vermittelt der Mann schon nach wenigen Minuten. Gemeinsam mit den Schauspielern Hendrik Richter und Nicole Kersten geht er die Szenen durch. Wo steht wer wann? Was empfindet der Charakter in welcher Situation? Wie agiert er? Welche Requisiten werden benötigt? Soll Musik die Szene untermalen? Und wenn ja, welche? Es darf auch mal gelacht werden. Aus manchem Scherz wird ernst - und so ein Teil der Inszenierung.

"Bei einem Stück müssen mich die Themen interessieren", sagt Kerbel. Vor den Proben habe er einige Strukturen fest im Kopf, habe Ideen zu Bühne, Kostüm und Figuren. Statisch aber sei die Arbeit nicht: "Ich versuche, jede Szene möglichst naiv anzugehen." Los geht die rund zweimonatige Probenzeit mit Leseproben: Das Stück wird gemeinsam gelesen, Ideen für Kostüme und Bühne werden zusammengetragen.

Organisatorisch läuft nichts ohne Regieassistentin Kristina Wydra. Probenpläne und Requisiten fallen zum Beispiel in ihr Aufgabengebiet. Sie richtet vor jeder Probe die Bühne ein, überlässt nichts dem Zufall. Und führt das Regiebuch, eine Art Protokoll, in dem steht, was in den Proben erarbeitet wurde.

Hendrik Richter ist Schauspieler. Auch wenn er nicht auf der Bühne steht. Seine Augen, sein Lachen und seine Hände untermalen deutlich, was der junge Mann mit den braunen Haaren seinem Gegenüber mitteilen möchte. Seine Figuren erarbeitet er sich langsam, Stück für Stück. Es beginnt mit einer groben Vorstellung der Figur. "Dann setzt man sich mit der Regie zusammen", so Richter. In welcher Situation befindet sich die Figur? Wie kommuniziert sie mit den anderen? Reden sie miteinander oder ignorieren sie sich? "Es ist ein Mix aus mir selbst, der Situation, sowie der Physis und der Art der Figur", analysiert Richter das Endstadium. Und vergisst dabei nicht, dass auch die Vorstellungen des Regisseurs einfließen. Kein leichtes Spiel. "Es ist wichtig, sich mit der Figur zu identifizieren." Und sie zu mögen? Ein Blick, ein kurzes Lachen: "Nein, man sollte sie großartig finden."

Für die Optik sorgt Sigrid Trebing. Zumindest was Kostüme, Schnurrbärte oder Perücken angeht. "Anders als beim Film sind beim Theater Maske und Kostüm zusammen", sagt Trebing. Auch für sie heißt es: Stück lesen, Gedanken machen, Besprechung mit dem Regisseur. "Wichtig ist zum Beispiel, in welchem Land das Stück spielt, um dortige Besonderheiten aufzunehmen." Ebenfalls wichtig: die Interpretation, die spezielle Inszenierung. "Skurrile Kostüme sind anders als realistische." Damit sich der Regisseur ein Bild machen kann, zeichnet Trebing alles auf. Während der Proben werden die provisorischen Kostüme getragen, getestet und teilweise verändert.

Gesine Kuhns blaue Augen strahlen, wenn es um ihre Arbeit geht. Die liebt sie mit Haut und Haaren: "Wenn ich das Stück lese, bekomme ich ein Gefühl dafür, wie die Bühne aussehen könnte." Die Bilder, die sie mit dem Regisseur bespricht, seien noch eher abstrakt. "Wenn die Regie festlegt, ob das Stück skurril oder realistisch inszeniert wird, zeichne ich die Entwürfe." Der nächste Schritt ist ein Modell der Bühne. "Eineinhalb Monate vor Probenbeginn haben wir eine Bauprobe", erzählt Kuhn. Mit Hilfe technischer Zeichnungen wird das Provisorium auf der Probebühne eingerichtet, die Raumproportionen werden betrachtet. Wenig später rollen die Möbelwagen, letzte Proben auf der Originalbühne, Lampenfieber, Vorhang - und die Premiere kann beginnen.

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