Bundeskunsthalle Bonn Kein neuer Vertrag für Intendant Robert Fleck

BONN · Die Bundeskunsthalle sucht mal wieder einen neuen Chef. Intendant Robert Fleck verlässt Ende 2013 das Haus. Mit der jüngsten Ausstellung heimste er heftige Kritik ein.

Vor wenigen Tagen hat er noch stolz auf dem Dach des Peichl-Baus im Abendlicht eine Bilanz der letzten 20 Jahre Bundeskunsthalle und die glorreiche Geschichte des Hauses gezogen. Jetzt ist Robert Fleck selbst Teil dieser Geschichte. Am Montag ließ sein Arbeitgeber, der Bundesbeauftragte für Kultur und Medien verkünden, Fleck werde das Haus Ende kommenden Jahres verlassen.

Flecks Vertrag werde "im gegenseitigem Einvernehmen" nicht mehr verlängert. 2008 war der Wiener Fleck zum Nachfolger von Christoph Vitali berufen worden. Der scheidende Intendant, der am Montag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen war, wolle sich, so die dürre Erklärung des Staatsministers, verstärkt seiner Lehrtätigkeit an der Kunstakademie Düsseldorf konzentrieren. Kein Wort des Bedauerns, keine Würdigung des Erreichten.

Auch wenn, wie man hört, die Entscheidung, Bonn zu verlassen, schon vor Monaten gefallen ist, verwundert der Augenblick. Und der kühle Ton der Verkündigung nährt den Verdacht, es könnte doch mehr dahinter stecken, als der Wunsch nach der reinen Kunst-Lehre. Fleck befindet sich derzeit sich mitsamt der Bundeskunsthalle im Kreuzfeuer der Kritik.

Eine Woche ist die Eröffnung der Ausstellung "Am Anfang" mit Werken von Anselm Kiefer aus der Privatsammlung von Hans Grothe in der Bundeskunsthalle her. Und das Haus rutscht immer tiefer in die Schlagzeilen der regionalen und überregionalen Presse.

Nicht weil mit der ersten großen Kiefer-Ausstellung seit 20 Jahren ein Coup zum Bundeskunsthallen-Jubiläum gelungen wäre, sondern weil die Privilegierung des Sammlers Grothe als anrüchig bewertet wird. "Ein Kuckucksei zum Geburtstag" überschrieb "Deutschlandradio" denn auch einen Kommentar. Die "Süddeutsche Zeitung" beobachtet gar die Bundeskunsthalle "sichtbar in der Krise". Währenddessen die "Welt" Fleck ankreidet, er Erwecke den Eindruck, Sammlerinteressen zu vertreten und noch vorsichtig fragt: "Könnte der Ruf des Hauses dadurch beschädigt werden?".

Die "FAZ" ging in ihrer Ausgabe noch einen Schritt weiter: "Mit Secondhand-Ausstellungen in die Bedeutungslosigkeit: Bonns Anselm-Kiefer-Schau ist ein Musterbeispiel ideenloser Museumspolitik", dröhnte es dort (FAZ-Artikel vom 24. Juni 2012). Verschiedene Medien sehen eine direkte Korrelation zwischen dem 2007 - im Jahr des Finanzskandals - begonnenen, dann zeitweilig wieder gestoppten Niedergang der Bundeskunsthalle und immer wieder kolportierten wachsenden Begehrlichkeiten aus Berlin. Der Gropiusbau etwa, der über einen Ausstellungsetat von 500.000 Euro verfügt, soll nach den sechs Millionen Euro schielen, die die Bonner Bundeskunsthalle für Ausstellungen zur Verfügung hat (Gesamtetat: 16 Millionen Euro).

Fleck übernahm die Bundeskunsthalle im Jahr zwei nach dem Finanzskandal, der dem Intendanten Wenzel Jacob und dem kaufmännischen Geschäftsführer Wilfried Gatzweiler die Ämter gekostet hatte. Christoph Vitali als Neuer Intendant und Bernhard Spies als neuer Geschäftsführer schufen eine solide Basis für den Mann aus Hamburg. Fleck hatte dort die Deichtorhallen geleitet.

Sein Start in Bonn verlief holprig. Zwar wollte er direkt an dem Gründer der Bundeskunsthalle, Pontus Hultén, anknüpfen und ein ähnlich breites Spektrum bespielen, doch mit einer Modigliani-Ausstellung mit einer Reihe von Fälschungen und einer recht dünnen Retrospektive von Markus Lüpertz war er doch meilenweit Entfernt von dem großen Vorbild.

Dabei wollte er "das Haus erneut an die Spitze führen", wie er sagte. Sein Rezept hatte ihm der Philosoph Gilles Deleuze mit auf den Weg gegeben, der Fleck abgeraten hatte, den Weg der Geschichtswissenschaft zu gehen: "Bleib bei den Künstlern, du verstehst die Künstler". Das war in 80er Jahren. Heute wissen wir: Deleuze hatte recht - und Fleck geht zu den Künstlern an die Kunstakademie.

In der Bundeskunsthalle suchte er einen anderen Weg: Er wollte die Bundeskunsthalle als Flaggschiff mit Deutungshoheit über die Gegenwartskunst etablieren. Mit "Neugierig" spannte er ein Netzwerk zu jungen Sammlungen und jungen Künstlern. Mit der Werkschau des Bildhauers Thomas Schütte und des deutschen Biennale-Vertreters Liam Gillick sammelte er international und bei der Fachwelt Punkte. Das breite Publikum erreichte er damit nicht. Das liebt den Themenmix aus Historie, Kulturgeschichte, Kunst großer Museen und Retrospektiven.

Mit "Napoleon" und dem "Victoria & Albert Museum" erhörte er die Wünsche des Stammpublikums der Bundeskunsthalle, mit der Dogon-Ausstellung gelang ihm ein Format, das die Kulturgeschichte kritisch, politisch hinterfragt. Anime-Comics und jetzt die Bilderfabrik Pixar erschließendringend notwendige junge Besucherkreise, mit Romy Schneider lockte Fleck Menschen ist Haus, die vielleicht sonst mit der Bundeskunsthalle wenig im Sinn haben.

An der Breite des Angebots kann es nicht gelegen haben, dass die Besucherzahlen 2010 kollabierten (sich aber inzwischen wieder erholt haben). Und wer Fleck vorwirft, keine sichtbare und konsequente Linie zu haben, vergisst, dass auch Jacob bei allem Erfolg sie nicht hatte.

Von einer Ära kann man bei Fleck noch nicht sprechen. Er brauche noch Zeit, schrieben wir vor einem Jahr. Nun will er aber nicht mehr. Im kommenden Jahr geht an der Düsseldorfer Akademie Tony Cragg als Rektor in Rente. Passend verlässt dann Fleck Bonn. Ein Schelm, der böses dabei denkt.

Robert Fleck - Etappen einer Karriere
Vier Intendanten in 20 Jahren:
Der Schwede und Centre-Pompidou-Chef Pontus Hultén war der Gründungsintendant der Bundeskunsthalle. Ihm folgte 1995 Wenzel Jacob, der 2007 über einen Finanzskandal stürzte, der durch einen Rechnungshofbericht ausgelöst worden war. Interimsintendant wurde 2008 Christoph Vitali, ehemals Chef des Hauses der Kunst in München. 2009 übernahm Robert Fleck das Ruder.

Robert Fleck wurde 1957 in Wien geboren. Der passionierte Rennradfahrer hat in Wien, Innsbruck und Paris Kunstgeschichte, Geschichte, Geografie, Sport und Philosophie studiert, wurde mit einem Thema zur "Geschichte der Demokratie" promoviert.

Frankreich: Von 1981 bis 2003 lebte er in Frankreich, arbeitete als freier Kunstautor, unter anderem als Frankreich-Korrespondent des Kunstmagazins Art. 2000 bis 2003 war er Direktor eines Ablegers der Kunsthochschule von Nantes.

Von Hamburg nach Bonn und Düsseldorf: 2004 wurde Fleck zum Direktor der Hamburger Deichtorhallen, 2009 begann er sein Intendantenamt in der Bundeskunsthalle. Seit 2012 lehrt er an der Kunstakademie Düsseldorf als Professor für "Kunst und Öffentlichkeit.

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