Keine großen Sprünge

Am Dienstag erscheint das neue Album der Red Hot Chili Peppers. Ein Überflieger ist die neue CD nicht geworden. Aber sie ist ein mehr als solides Crossover-Album.

Keine großen Sprünge
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Köln. Mit 50 macht man keine großen Sprünge mehr. Und wenn, nur noch mit Trampolin. Täglich hüpfe er eine Stunde darauf herum, um sich für seinen dreijährigen Sohn Everly Bear fit zu halten, erzählte Anthony Kiedis (48) kürzlich im Interview eines Frauenmagazins. "Springen macht glücklich. Definitiv." Wer die Red Hot Chili Peppers mal auf der Bühne gesehen hat, weiß, wovon Sänger Kiedis spricht.

Fünf endlose Jahre sind vergangen seit dem letzten Album "Stadium Arcadium". Da setzt man schon mal Speck an. Kiedis nutzte die Pause, hat für Nachwuchs gesorgt und sich einen lustigen Schnäuzer wachsen lassen, der ihn zu einer Mischung aus Borat und Freddy Mercury macht.

Bandkollege "Flea" gründete eine Musikschule in Los Angeles und studierte an der Universität Komposition und Jazztrompete. Chad Smith vervollständigte sein Drumkit und brachte es mit dem größten Schlagzeug der Welt bis ins Guinness Buch der Rekorde (308 Trommeln und Becken). Und Gitarrist John Frusciante - hat die Lust verloren, wollte keinen Mainstream mehr machen und stieg aus.

Umso größer ist die Spannung der Fans vor dem Dienstag erscheinenden zehnten Studioalbum der Schoten. "Wir wollten keinen Gitarrenhelden suchen", sagt Anthony Kiedis, "sondern haben uns für einen Freund entschieden. Ein altes Familienmitglied." Spielte der Neue Josh Klinghoffer neben Gastauftritten mit Beck und P.J. Harvey doch schon als Tourgitarrist der Peppers.

Sogar der Albumtitel "I'm With You" (Warner) stammt von ihm. Weil Produzent Rick Rubin ein Songtitel als Name für die CD zu langweilig fand, suchte die Band verzweifelt. Bis Klinghoffer die Idee kam, die jetzt das wunderbare, von Damien Hirst gestaltete Cover ziert, auf dem eine Fliege über eine Pille krabbelt.

Ein Überflieger ist die neue CD nicht geworden. Keine großen Sprünge. Aber sie ist ein mehr als solides Crossover-Album, das die treue Fanfamilie nicht enttäuschen wird. Mag die Vorabsingle "The Adventure Of Rain Dance Maggie" auch etwas schwachbrüstig daherkommen.

Seit 28 Jahren gibt es die Band nun schon. Sie hat an Energie nichts eingebüßt. Der Opener "Monarchy Of Roses" wabert mit nervösem Feedback los. Das Chaos lichtet sich mit treibenden 70er-Jahre-Disco-Bass und befreiendem Refrain. Absolut tanzbar.

Bassist Flea slapt und popt lässig-cool wie immer. Er dominiert das Album. Der frischen Stimme des bekennenden Vegetariers Kiedis hört man das gesunde Leben an. Chadwick Gaylord Smith nutzt auch die letzte seiner 308 Trommeln. Während Josh Klinghoffer mit elektronischen Sounds überrascht, die man bei den Chilis so nicht kannte. Längere Soli darf er nicht spielen.

Und auch, was das Songwriting angeht, macht sich der Verlust von Frusciante vernehmbar. Das neue Album ist nicht so rockig wie die Vorgänger. Es klingt wieder funkiger. Erinnert ab und zu an "Blood, Sugar, Sex, Magik" von 1991. Beispielsweise bei dem mit einer akustischen Gitarre anhebenden und sich langsam aufschwingenden "Brendan's Dead Song", der an "Breaking The Girl" denken lässt. Oder bei der Mitgrölhymne "Ethiopia" mit ihrem funkig-floppenden Bass.

Höhepunkte sind das hitverdächtige "Look Around" mit Flummirhythmus und das elegische "Police Station", das ein würdiger Nachfolger von "Californication" werden könnte. Bei "Did I Let You Know" trägt Fleas Studium Früchte und es rumpeln Trompete und Bongos los. Zum ersten Mal bei den Peppers. Nur ein wenig. Aber um ins Jazz-Fach zu wechseln, sind sie dann eben doch noch ein bisschen zu jung.

Dienstagabend, 19 Uhr, geben die Red Hot Chili Peppers ein exklusives, von einem Radiosender veranstaltetes Konzert im Kölner E-Werk. Das UCI-Kino in Hürth überträgt das Konzert der Band live.

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