Beethovenfest Klänge für den lieben Gott

BONN · Für die als Kind orthodoxer Christen in der Sowjetunion aufgewachsene Komponistin Sofia Gubaidulina ist jede Musik religiös. Um sie zu verstehen, muss man aber nicht zwingend ein religiöser Mensch sein, meint sie.

 Dirigent Christof Prick bedankt sich bei den Solisten Julius Berger und Hyun-Jung Berger.

Dirigent Christof Prick bedankt sich bei den Solisten Julius Berger und Hyun-Jung Berger.

Foto: Barbara Frommann

Das gilt auch für ihr Werk "Zwei Wege", das im Untertitel "Maria und Martha gewidmet" heißt, womit nicht die ursprünglichen Bratschen-Solistinnen, sondern zwei Schwestern aus dem zehnten Kapitel des Lukas-Evangeliums gemeint sind. Beim ersten Freitagskonzert des Beethoven Orchesters war nun die Fassung für zwei Violoncelli und Orchester als deutsche Erstaufführung zu erleben. Und die 84-jährige, eigens zur Aufführung aus Norddeutschland angereiste Komponisten nahm den begeisterten Applaus in der gut besuchten Beethovenhalle mit dankbarer Miene entgegen.

Christof Prick, der in der kommenden Saison für ein Jahr als Chefdirigent nach Bonn kommt und nun für den erkrankten Stefan Blunier eingesprungen war, arbeitete den gestischen Charakter der Musik überaus deutlich heraus und knüpfte ein eindrucksvolles Beziehungsgeflecht zwischen dem zum Teil sehr massiven, mit kräftigem Schlagwerk versehenen Orchesterklang und dem Spiel der beiden Solisten.

Julius Berger und Hyun-Jung Berger hatten die anspruchsvollen Partien am Cello übernommen, deren musikalische Ausgestaltung so unterschiedlich wie der Charakter der beiden Schwestern Maria Magdalena und Martha ist, die sich in Lukas' Erzählung je auf ihre Weise um den als Gast in ihrer Mitte weilenden Jesus kümmern; die eine führt die Unterhaltung, die andere kümmert sich um das leibliche Wohl, was durchaus - auch musikalisch - Konflikte erzeugt.

Auch Anton Bruckner widmete sein Werk dem "lieben Gott". Natürlich auch die achte Sinfonie, die Prick statt der von Blunier vorgesehenen fünften Sinfonie dirigierte. Allein die immense Steigerung im ersten Satz, die in der "Todesverkündigung" kulminiert, war von erschütternder Intensität. Das Adagio zelebrierten der auswendig dirigierende Prick und das Orchester in wunderbarer Innigkeit, bevor das Finale gewaltig über die Hörerschaft hereinbrach. Großer Jubel.

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