Kleines Theater Bonn Klassiker "Der zerbrochne Krug" wird im neu beleuchtet

Bonn · Der Prozess ist kurzweilig. Heinrich von Kleists einaktiges Lustspiel "Der zerbrochne Krug" präsentiert die Verhandlung quasi in Echtzeit. In der Inszenierung von Horst Gurski genügen pausenlose 80 Minuten für einen Bauernschwank im Dörfchen Huisum.

 Szene aus "Der zerbrochne Krug" mit Till Brinkmann (rechts) als Adam und David Imper als Ruprecht im Kleinen Theater.

Szene aus "Der zerbrochne Krug" mit Till Brinkmann (rechts) als Adam und David Imper als Ruprecht im Kleinen Theater.

Foto: Kleines Theater

Man spricht zwar Kleists genial verschachtelte Blankverse in der Amtsstube des Dorfrichters Adam, ansonsten regiert derber Volksstück-Realismus zwischen Alkoven und Herzchentür für gelegentliche Unterleibsverstimmungen.

Auf der engen Bühne bemühen sich elf Schauspieler in hübsch historischen Kostümen (Ausstattung: Christian Baumgärtel) um die Aufklärung eines Falls, dessen Verursacher von Anfang an für die Zuschauer unzweifelhaft fest steht. Das Problem ist nur, wie das Paradox der Identität von Richter und Schuldigem gelöst wird.

Das gern bemühte Ödipus-Modell ist - trotz Hinkefuß - falsch, denn Adam weiß genau, was geschah, bevor er in arg lädiertem Zustand sein Schlafgemach verlässt. Till Brinkmann (zum ersten Mal im Kleinen Theater) gibt den feisten Lustmolch mit der doppelbödigen Komik eines sich selbst mangels Perücke am eigenen Glatzkopf mit haarsträubenden Alibis aus der Geschichte windenden Fieslings.

Wie er die arme Eve (liebenswürdig: Cheryl Angelika Baulig) erpresserisch mundtot macht, ist juristisch mehr als grenzwertig. Zugegeben: Evchens Verlobter und wegen Krugzerstörung angeklagter Ruprecht (David Imper) hat außer grimmiger Miene und tölpelhafter Ehren-Verteidigung nicht viel zu bieten. Papa Veit Tümpel (Heiko Haynert) hält sich ohnehin fast sprachlos raus.

Umso mehr redet Eves Mama Marthe Rull (hervorragend: Juliane Ledwoch), deren Herz eher am kaputten kostbaren Krug hängt als an der verlorenen Ehre ihres Kindes. Gerichtsschreiber Licht (Karl-Heinz Dickmann) buckelt sich aufklärerisch hoch zum begehrten lukrativen Job. Das ironische Hindernis ist Gerichtsrat Walter (glänzend: Matthias Kiel), der viel Wein benötigt für die Revision von Adams schamlosen Aktionen. Dass eine alte Lady sich als Küsterwitwe Brigitte nach Huisum verirrt hat, müssen wir einfach glauben. Für die erkrankte Dagmar von Kurmin spielte bei der Premiere in Bad Godesberg Regieassistentin Vanessa Frankenbach die famose schwarze Witwe.

Lustige Zutaten liefern die Glocke des geistig unterbemittelten Büttels (Michael Brust) und die unerschütterlichen Mägde (Jaana Noll und Olga Yakovleva). Dass Frau Marthe am Ende den Bürokraten Walter zwecks Krug-Klage vor der nächsthöheren Instanz in Utrecht besuchen möchte, ist eine Drohung, die Fluchtinstinkte weckt. Freundlicher Beifall für ein aufgewecktes Team.

Vorstellungen bis 22. Oktober fast täglich. Karten und weitere Infos unter Tel. 0228-362839 oder www.kleinestheater-badgodesberg.de.

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