Kleines Theater Bad Godesberg zeigt "Maria Stuart"

Königinnen-Drama: Traum von Solidarität - Autorin Dacia Marainis reduziert Stück auf exemplarische Konfrontation zweier Frauen

Kleines Theater Bad Godesberg zeigt "Maria Stuart"
Foto: Kleines Theater

Bonn. Die Königinnen haben Federn gelassen. Im Kleinen Theater Bad Godesberg ist der Boden bedeckt mit schneeweißen weichen Daunenfedern (Bühne: Frank Joseph), der die Schritte der beiden Herrscherinnen sanft dämpft. Die 1936 in Florenz geborene Autorin Dacia Maraini, zeitweise eine engagierte Feministin, reduziert in ihrem Stück "Maria Stuart" das Königinnen-Drama auf die exemplarische Konfrontation zweier Frauen.

Dass die englische Protestantin Elisabeth I. und die schottische Katholikin Maria bei allen Unterschieden zwei Seiten einer weiblichen Identität verkörperten, ist seit Schillers berühmtem Trauerspiel oft behauptet worden. Ihre Schicksale sind nicht nur durch Blutsbande untrennbar miteinander verwoben. Dieselben Dichter haben sie besungen, dieselben Männer bewarben sich um ihre Hand. Beider Thronansprüche waren legitim, Elisabeth behielt den Kopf oben und machte ihre Rivalin einen Kopf kürzer.

Marias Sohn übernahm die Herrschaft nach dem Tod der kinderlosen Elisabeth. Maraini bricht die Distanz zwischen der Herrscherin Elisabeth und ihrer Gefangenen Maria (beide in königlichem Purpur; schöne Kostüme von Anja Meyer) dramaturgisch geschickt auf, indem sie sie immer wieder in die Rolle der gegnerischen Vertrauten schlüpfen lässt. In der Regie von Volker Lippmann funktionieren diese Wechsel von Fremdheit und Nähe überzeugend.

Verena Plangger ist die selbstbewusste, unnahbare Elisabeth und Marias besorgte, ehrliche alte Kammerfrau Kennedy. Juliane Ledwoch spielt die stolze, sinnliche Maria und Elisabeths jugendliche naive Kammerfrau Nanny. Zu Füßen ihrer Herrin genießt diese die brutale Hinrichtung eines jungen Mannes wie einen Horrorfilm. In Augen der beiden Dienerinnen spiegeln sich die Vergänglichkeit der Schönheit und das private Unglück der Damen, die ihre öffentliche Rolle zum bitteren Ende führen müssen.

In Marainis Prosa zeigen sie die persönlichen Verletzungen auf, die die unerbittliche Geschichte ihnen zufügte: Maria, mögliche Gattenmörderin und vergewaltigtes Opfer männlicher Machtinstinkte; Elisabeth, jungfräulich alt geworden aus Staatsräson und eigenem Machttrieb. Zwischendurch sagen sie leider auch Schillers Verse auf. Dirk Bell liefert live aus dem Zuschauerraum mit Flöte und Laute den hübschen musikalischen Kommentar dazu. Die Begegnung der beiden Königinnen ist ein schöner Traum von weiblicher Solidarität und Zärtlichkeit.

Da können sie sich fröhlich darauf einigen, dass Leicester schlicht ein Schwein ist und jeder fürstliche Anspruch purer Schein. Ihr scharfzüngiger Schlagabtausch gerät allerdings reichlich langatmig. "Wäre eine von beiden ein Mann gewesen, sie hätten das vernünftigste Hochzeitspaar abgegeben. Wie gerne hätte ich sie da geheiratet", meint Maria, bevor Elisabeth sie per Diktaphon dem Henker überantwortet. Das Ende der unheiligen Beziehung schauen sich Maria Stuart und Elisabeth Tudor schwesterlich im Heimkino an, bis statt des köpfenden Beils glücklicherweise die Klappe fällt.

1 ¼ Stunden ohne Pause; die nächsten Vorstellungen am 21./22. und 28./30. November; weitere Termine im Dezember und Januar.

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