Kölner Arena: Simply Red in beim letzten Deutschland-Konzert

Niemals geht man so ganz. Das wissen die Kölner am besten. Insofern nahm es Mick Hucknall (50) Mittwochabend in der ausverkauften Lanxess-Arena niemand übel, dass sich der Ire, mitsamt Band, vor anderthalb Jahren, am gleichen Ort schon einmal verabschiedet hatte.

Kölner Arena: Simply Red in beim letzten Deutschland-Konzert
Foto: Thomas Brill

Köln. Niemals geht man so ganz. Das wissen die Kölner am besten. Insofern nahm es Mick Hucknall (50) Mittwochabend in der ausverkauften Lanxess-Arena niemand übel, dass sich der Ire, mitsamt Band, vor anderthalb Jahren, am gleichen Ort schon einmal verabschiedet hatte. Im Gegenteil.

12 000 Fans freuten sich einen Ast über "Farewell - The Final Tour", mit der Simply Red noch ein allerletztes Mal unterwegs sind. Neun deutsche Städte verzeichnet der Plan, Köln markierte den Schlusspunkt. Es wird alles aufgeboten, was geht. Vom medialen Bombast bis hin zur Reduktion aufs Wesentliche. Am Anfang macht die Aneinanderreihung von Filmschnipseln klar, dass die Bandgeschichte identisch mit Zeitgeschichte ist. Konzertbilder, private Aufnahmen und Videoszenen gibt es, chronologisch gestaffelt, im Wechsel mit Maggie Thatcher und der Queen, Ronald Reagan und Bill Clinton, George Bush und Barack Obama.

Diana wird beerdigt, das Millennium funkelt und stellvertretend für die Klimaerwärmung stürzen Eishänge ins Meer. Am Ende, nach gut 100 Minuten, 17 Stücken und drei Zugaben, steht Hucknall ohne Jackett und ohne Weste da, das Hemd über der Jeans, die Ärmel aufgekrempelt, die Haare verschwitzt - und sogar die dunkle Brille, die er bis dahin nie abgesetzt hat, ist verschwunden. Von den abgeklärten Sprüchen zu Beginn ("Alles muss einmal zu Ende gehen, früher oder später") keine Spur mehr. Stattdessen pure Emotion. Aufgewühlt ruft Hucknall, auf deutsch: "Ihr seid so nett. Schön.

Wunderbar, Fantastisch." Und strahlt dabei, als hätte er schon am 1. Dezember den Weihnachtsmann gesehen. Was kümmert's uns, dass der Ire um die Hüften herum ordentlich zugelegt hat, dass das Jackett sichtlich spannt und sein Gesicht das eines Mannes ist, der gelebt hat? Wenn einer so singt wie Hucknall? Ihm, aber auch der fantastischen Band ist live eine Perfektion zueigen, die der der Studio-Aufnahmen in nichts nachsteht. Das ist fast schon übernatürlich.

Mit der Präzision einer Schweizer Uhr trifft das Timing auf den Punkt, jeder Ton kommt in glasklarer Reinheit daher. "Your Mirror", "Thrill Me" und "Mellow My Mind" eröffnen den Reigen der Songs aus 25 Jahren. Jede Nummer ist ein Hit. Mit "It's Only Love" zieht das Tempo an, bei "Come To My Aid" ist der Mittelgang im bestuhlten Innenraum längst geflutet, die Fans, die's können, drängen sich vor der Bühne, die anderen stehen, tanzen, jubeln.

Wenn alles gesagt, gespielt und gesungen ist - von "If You Don't Know Me By Now" über "The Right Thing" und "Money's Too Tight To Mention" bis hin zum fantastischen "Fairground", wobei die Lichterpalmen und variablen Lampen in den Farben des Regenbogens flackern, bleibt nach "Something Got Me Started" bloß noch "Holding Back The Years", am Anfang rein akustisch, mit Gitarre von Hucknall. Wer hier jetzt nicht schmilzt, der weiß nicht, wie Abschied schmeckt.

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