Kommentar: Ins Offene

Die Zahl kann sich hören lassen: 70 000 Besucher zählte das Beethovenfest in den vergangenen vier Wochen. Aber die Statistik sagt auch, dass die Auslastung um vier Prozent zurückgegangen ist und aktuell bei 86 Prozent liegt.

Das leichte Minus gegenüber dem Vorjahr ist freilich noch nicht alarmierend.

Schließlich musste auch das Beethovenfest die Wirtschaftskrise bewältigen, die sich nachteilig auf den Kartenvorverkauf ausgewirkt hatte. Insofern kann Beethovenfest-Intendantin Ilona Schmiel ihr Programm-Profil weiter ausbauen. Wie das im nächsten Jahr aussehen wird, wird man vom 9. September bis zum 9. Oktober 2011 sehen.

Schon jetzt konnte man in Bonn erleben, wie einige Fachleute sich die Zukunft der klassischen Musik vorstellen: Weg von den klassischen Konzertritualen hin zu offenen Formen. Das können die jungen Sinfonieorchester Lateinamerikas sein, die ihren Zugabenteil als Party in den Landesfarben feiern, oder Ensembles wie "The Knights" aus New York, die Beethoven und Schostakowitsch als Pop-Konzert inszenieren. Mit dem Ergebnis, dass sich auch Jüngere dafür interessieren.

Auf der anderen Seite findet aber auch die Neue Musik Gehör: Das Beethovenfest ist immer auch ein guter Ort für Uraufführungen. Die vielleicht bemerkenswerteste war in diesem Jahr Peter Ruzickas neues Cellokonzert. Dass Peter Ruzicka an einem anderen Abend mit der Mahler-Fassung von Beethovens Neunter einen der langweiligsten Beiträge zum Festivals dirigierte: geschenkt.

Was man beim Beethovenfest allerdings schmerzlich vermisst, ist ein größerer Kammermusiksaal, wie er beim Festspielhaus fest eingeplant wäre. Beethovens Werk besteht nun einmal zu einem großen Teil aus klein besetzten Werken, die in Bonn in dem attraktiven Kammermusiksaal des Beethoven-Hauses zwar eine feste Heimat haben. Da dort aber nur 199 Plätze zur Verfügung stehen, sind die Konzerte stets Monate vorher ausverkauft und bleiben so eher elitäre Veranstaltungen. Das aber verträgt sich mit dem Geist des Beethovenfestes, dessen Motto in diesem Jahr "Ins Offene - Utopie und Freiheit in der Musik" lautete, nur schlecht.

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