Inspirationsquelle Beethoven Podium Esslingen im Oktober mit #bebeethoven in Bonn

Bonn · Steven Walters Podium Esslingen stellt in Bonn das innovative Projekt #bebeethoven vor. „Von neuen Formen für alte Musik bis zur Künstlichen Intelligenz ist alles dabei.“

 Die in Berlin lebende Künstlerin Holly Herndon experimentiert mit Musik und Künstlicher Intelligenz. Im Oktober kommt sie nach Bonn. Das Bild zeigt sie neben Billy Porter bei der Verleihung des Popkulturpreises 2019 in Berlin.

Die in Berlin lebende Künstlerin Holly Herndon experimentiert mit Musik und Künstlicher Intelligenz. Im Oktober kommt sie nach Bonn. Das Bild zeigt sie neben Billy Porter bei der Verleihung des Popkulturpreises 2019 in Berlin.

Foto: picture alliance/dpa/Fabrizio Bensch

Das Baby der amerikanischen Musikerin Holly Herndon und ihres Partners Mat Dryhurst ist permanent hungrig. Das wäre nichts Außergewöhnliches, wenn es ein kleiner Mensch aus Fleisch und Blut wäre und vielleicht nicht „Spawn“ hieße, was für „Brut“ oder „Laich“ steht. Doch dieses Baby ernährt sich vor allem von Datensätzen, etwa von Samples menschlicher Stimmen, die von der Künstlichen Intelligenz des Babys in neue Klänge verwandelt werden. Über diese spezielle Diät hat das Paar seinen künstlichen Nachwuchs mit der Zeit zu einem gleichberechtigten Ensemblemitglied herangezogen, das neben einem menschlichen Chor und elektronischen Klängen, die Herndon aus ihrem Computer generiert, in Erscheinung tritt. Man kann das Ergebnis zum Beispiel auf dem Album „Proto“ nachhören. Oder auch live in Bonn, wo die in Berlin lebende Holly Herndon mit Partner Max Dryhurst und Baby Spawn am 21. Oktober in der Bundeskunsthalle ein Gastspiel geben wird.

Diese spannende experimentelle Gemengelage ist nur ein Beispiel für das von der Bundeskulturstiftung geförderte Fellowship-Programm #bebeethoven, das auf Einladung   der Jubiläumsgesellschaft BTHVN 2020 vom 16. bis 24. Oktober in Bonn gastiert. Am Donnerstag wurde das Programm im Shop des Beethoven-Hauses nun vorgestellt. Auskunft darüber gab Steven Walter, der nicht nur designierter Intendant des Beethovenfests ist, sondern auch Gründer und Chef des Festivals Podium Esslingen, dem Urheber und Träger von #bebeethoven.

Kreativer Umgang mit Beethoven

Für Walter setzt sich dieses Projekt ein bisschen ab von der Repräsentationskultur, für die Beethoven als der meistgespielte Komponist weltweit auch stehe. „Unser Beitrag zum Beethovenjahr ist die Inspiration, die von Beethoven ausgeht“, sagte er. Wie solche Inspiration aussieht, zeigen neben Holly Herndon noch elf weitere #bebeethoven-Fellows, die in den vergangenen drei Jahren sehr unterschiedliche Ideen und Programme entwickelt haben. „Von neuen Formen für alte Musik bis zur Künstlichen Intelligenz ist alles dabei“, versprach Walter. Die Aufführungen würden „ein Panoptikum zeitgenössischer Musikformen“. Ein solch aufwändiges Stipendiaten-Programm funktioniert natürlich nicht ohne Partner, die schon bei der Auswahl der Künstler mitgewirkt haben. Neben Walter selbst waren dies das CTM Festival Berlin, das Ensemble Resonanz aus Hamburg,       die Operadagen Rotterdam, das Radialsystem Berlin, das Tonhalle-Orchester Zürich und das ZKM          (Zentrum für Kunst und Medien) in  Karlsruhe. Lauter erste Adressen.

Nach jetzigem Stand wird das Gastspiel in Bonn trotz der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie wie geplant in der Bundeskunsthalle, dem Kammermusiksaal des Beethoven-Hauses, der Uni-Aula und weiteren Spielorten stattfinden können. „Wir sind froh, dass es so aussieht, dass wir alles, was wir zeigen wollten, auch zeigen können“, sagte Malte Boecker, künstlerischer Geschäftsführer von BTHVN 2020 und Direktor des Beethoven-Hauses.

„Wie tönt der Kosmos“

Eröffnet wird das kleine Festival am 17. Oktober in der Bundeskunsthalle mit einem Präsentationskonzert und der Frage „Wie tönt der Kosmos?“. Laut Ankündigung öffnet sich der Vorhang „für ein funkelndes Panorama des heutigen Musikschaffens“, bei dem auch der „Geist des Jubilars Beethoven“ anwesend sei.

Dass bei #bebeethoven auch Formate zu erleben sind, die plötzlich durch die Corona-Krise ungeahnte Aktualität erhalten, zeigt etwa Mathias Halvorsen mit seiner Sicht auf die Puccini-Oper „La Bohème“, die er am 18. Oktober im Beethoven-Haus vorstellt. Es handelt sich um eine Version für Violine und Klavier, die – angereichert um visuelle Elemente – „Puccinis  Meisterwerk auf intime Weise neu zum Leben erweckt“. Ein anderes Beispiel ist der Auftritt des in Bonn schon bekannten Stegreif.Orchesters am 24. Oktober in der Uni-Aula. Die Musiker spielen das Programm #Bfree, das die neunte Sinfonie mit europäischen Volksliedern mischt. Walter verwies darauf, dass auch Beethoven selbst seine eigenen Kompositionen sehr frei interpretiert habe: „Der freie Umgang mit seiner Musik ist deshalb auch ein sehr werktreuer“, führte Walter aus.

Trotz aller Begeisterung für die neuen Formate legte Walter am Donnerstag Wert darauf, dass dieses kleine Festival im Oktober etwas sehr Spezifisches sei „und nicht zu verwechseln mit meinem ersten Beethovenfest-Programm“.

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