Kunst, die unter die Haut geht

Ausstellungen: Martina Klein bei Oberem, Premiere im neuen Kunstraum "Traumata" und Jubiläum bei der Galerie Oltmanns

Kunst, die unter die Haut geht
Foto: Franz Fischer

Galerie Oberem. Im Theater würde man von einer hohen Bühnenpräsenz der Akteure sprechen. Von einer konzentrierten Anwesenheit, die auf den Zuschauer authentisch und professionell wirkt und ihn emotional in das Geschehen hineinzieht. Die neue Ausstellung in der Galerie Oberem besitzt ähnliche Qualitäten.

Nur fünf Bilder hat die Düsseldorfer Malerin Martina Klein für ihre Einzelausstellung in den beiden Galerieräumen ausgewählt. Jede dieser fünf monochromen Arbeiten tritt dem Betrachter stark und autonom gegenüber, zusammen bilden sie ein Ensemble der Farb- und Raumwirkung.

Die Ölfarbe mit hohem Pigmentanteil spachtelt Martina Klein in vielen Schichten auf die Leinwand, bis die offenporige Oberfläche wie verputzt aussieht und das Grau-Blau, Braun, Weiß, Grün oder Rot eine eigene Materialität entwickelt. Auch die Leinwand steht als einzelner Bestandteil des Bildes für sich selbst.

Frei hängt sie vor der hölzernen Rückwand und ist mit dieser nur am oberen Rand verbunden. In einigen Arbeiten durchtrennt die Künstlerin die Leinwand in der Mitte. Durch Luftbewegungen und klimatische Veränderungen im Raum krümmen sich die nun unabhängigen Hälften in leichten Asymmetrien.

"Wichtig ist, was zwischen Farbe und Betrachter passiert", sagt die 44-jährige Malerin, und das gilt insbesondere für einer der neueren Arbeiten der Künstlerin. Im rechten Winkel stehen zwei große quadratische grüne Farbflächen zueinander und greifen, von der Wand ausgehend, in den Raum. Gudrun von Schoenebeck

Galerie Barbara Oberem, Hausdorffstraße 63; bis 3. Mai. Di-Fr 10-12, Do-Fr 16-20 Uhr.

Traumata. Ein neuer Kunstschauplatz, ein extravagantes Programm, ein schwungvolles Debüt und ein junges, nicht unbekanntes Initiatorentrio. Das sind die Kennzeichen einer Werkstattgalerie, die unter dem Logo "Traumata" derzeit Einzug hält in die Bonner Kunstlandschaft.

Auf fünfzig Quadratmetern gibt es aber noch weitere Markenzeichen zu entdecken: Das Ausstellungsgelände dient gleichzeitig als ein von Sprühkünstler Alexander Frommer betriebener Graffiti- und Street-Art-Shop; in einem dahinter angesiedelten Atelier praktizieren Desiree Wickler und Pasquale Demeco die im Trend stehende Sparte Body-Art.

Das i-Tüpfelchen des Pionierprojektes bildet jedoch die Kunst der Körperzeichnung, die Tätowierung. "Unser Programm soll gleichsam unter die Haut gehen, tangieren im weitesten Sinn des Wortes", so die Absicht des an der Alanus Hochschule Alfter diplomierten Teams, ehemals verantwortlich für "Support your local artist".

Von Träumen und Traumata handelt auch die Bonner Premiere der im Abschlussexamen (Alanus Hochschule) steckenden Verena Veit. Zu sehen oder enträtseln ist das Kerngehäuse ihrer Diplomarbeit. Nach dem Muster der motivischen Assoziation arrangiert sind Zeichenblätter, die auf "Offenheit und Freiheit" setzen. Christina zu Mecklenburg

Traumata, Maxstr. 55, bis 31. März. Täglich 12-18 Uhr.

Galerie Oltmanns. Dass Teo Oltmanns zum 20-jährigen Bestehen seiner Galerie A. Paul Weber, einen der großen satirischen Zeichner des 20. Jahrhunderts, ausstellt, ist nur konsequent. Denn auch Weber zählt zu den Künstlern der "Verschollenen Generation", die unter den Wirren der beiden großen Kriege und den verhängnisvollen Diktaturen des vergangenen Jahrhunderts gelitten haben.

Ihnen insbesondere galt die Aufmerksamkeit des Galeristen. Der Konzentration auf diese Lücke in der Aufbereitung der jüngeren Kunstgeschichte ging allerdings eine für einen Galeristen nicht alltägliche Laufbahn voraus.

Denn Oltmanns war zunächst Marine-Offizier. Doch 1986 nahm er auf eigenen Wunsch seinen Abschied. Zuvor aber hat er seinen letzten Standort Brüssel genutzt, um Kunstgeschichte zu studieren. Im Jahre 1986 orientierte er sich mit seiner Familie nach Unkel, wo er ein völlig ausgebranntes, doch denkmalgeschütztes Haus kaufte. Während der drei Jahre der Restaurierung reifte der Plan, eine Galerie einzurichten.

Zur glanzvollen Eröffnung im Jahre 1989 zeigte Teo Oltmanns Werke eines Freundes, des Bildhauers Karl Ludwig Böke. Und die Bildhauerkunst sollte auch fortan sein Programm bestimmen. Über Kontakte mit DDR-Künstlern entstand die Zielsetzung, Bilder der Verfemten und Unterdrückten der NS-Zeit und der DDR auszustellen und ihre Schöpfer der Vergessenheit zu entreißen.

Mit diesen Nachfolgegenerationen der deutschen Expressionisten hat Oltmanns sein Galerieprofil entwickelt. Auch in Zukunft möchte er - nach rund 140 Ausstellungen - diesen Künstlern nachspüren. Vielleicht gelingen ihm noch einmal Entdeckungen wie etwa das Lehrer-Schülerinnen-Verhältnis der Malerin Maria Heider-Schweinitz und Karl Schmidt-Rottluff. Angelika Storm-Rusche

Galerie Oltmanns, Scheurener Straße 25, Unkel; bis 28. April. Di-Sa 15-18.30 Uhr.

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