Ausstellung Kunst unter Palmen

Rhöndorf · Andra Lauffs-Wegner zeigt im "Haus Hedwig" in Bad Honnef-Rhöndorf Werke aus ihrer Sammlung. Fotografie steht im Mittelpunkt

 Vor dem Haus am Turm: David Zink Yi hat die Palmengattung „Washingtonia Robusta“ in Edelstahl und Aluminium verewigt.

Vor dem Haus am Turm: David Zink Yi hat die Palmengattung „Washingtonia Robusta“ in Edelstahl und Aluminium verewigt.

Foto: Thomas Kliemann

Da, wo einst erholungsbedürftige Mütter ihr Mittagessen einnahmen, noch früher womöglich Krankenbetten standen, breitet sich nun an einer fleckigen, mit hingekritzelten Botschaften und kryptischen Diagrammen übersäten Wand ein Waldstück aus – auf einem Großfoto von Thomas Struth. Der Fotograf, der gerne dichte, sattgrüne Urwälder inszeniert, gibt sich hier heimattreu und zeigt ein Stück „Grafenberger Wald“, der sich dem Betrachter wie auf einer Bühne präsentiert. Ganz anders die Natur in Wolfgang Tillmans' verschwommenem Blick durch ein ärmliches Sprossenfenster, auf dem nichts inszeniert erscheint.

Es ist ein Spiel aus Unschärfen und Lichteffekten. Beide Fotos hängen nah beieinander im stillen Dialog. Es sind solche Korrespondenzen und Widersprüche, die Andra Lauffs-Wegners zweite Ausstellung im Rhöndorfer „Haus Hedwig“ prägen, vis à vis der historischen Villa Haus am Turm, deren Park Lauffs-Wegner auch mit ihrer Sammlung bespielt. Im vergangenen Jahr zeigte sie Installationen von Künstlern wie Alicja Kwade, Jeppe Hein und Michael Sailstorfer, jetzt steht Fotografie auf dem Programm.

Die Sammlerin konfrontiert Vertreter der sogenannten Düsseldorfer Becher-Schule – Thomas Ruff, Candida Höfer, Thomas Struth – mit Wolfgang Tillmans, Annette Kelm, Stan Douglas und Katharina Sieverding. Es entsteht ein Diskurs auf hohem Niveau – etwa zwischen Tillmans' beziehungs- und anspielungsreichen, autobiografisch angehauchten Bildergeschichten und der voll durchinszenierten Bilderwelt von Douglas. Oder zwischen Höfers prächtig abfotografierten und monumental präsentierten Kulturbauten auf der einen Seite und der Fotokunst von Ruff, der sich mit modernsten Bildtechniken und Aufnahmeverfahren befasst sowie Pornografisches aus dem Internet zieht und fast bis zur Unkenntlichkeit verändert.

Sieverdings starke, unglaublich präsente, um nicht zu sagen ikonenhafte Selbstinszenierung ist auf zwei Fotos der Düsseldorfer Beuys-Schülerin zu bewundern. Verena Friedrichsen und Kathrin Thalmann feiern in ihrer exzellenten Zweikanal-Videoarbeit einen ganz anderen, psychologisierenden, dramatischen und mit Brüchen behafteten Porträtstil – eine biblische Konfrontation zwischen Marta und Maria aus dem Lukasevangelium vermittelt unterschiedliche Lebensentwürfe und Seelenzustände, die durchaus auch in unsere Zeit passen. Schräg gegenüber hängen die Porträts einer jungen Frau mit Schirmmütze, die ihren Kopf in sechs Sequenzen um 180 Grad dreht. Annette Kelm hat diese konzentrierte Studie fotografiert.

Wir befinden uns inzwischen in der Kapelle, „Haus Hedwig“, das einmal Lazarett war und später dem Müttergenesungswerk gehörte. Der Raum wird dominiert von einer Arbeit von Tatjana Trouvé, die durch ihre fulminante Ausstellung im Kunstmuseum Bonn (2014) in bester Erinnerung ist. Ihre Röhndorfer Installation aus Matratzen, Plastiktüten und einem Stuhl mutet mobil und ephemer an und ist doch tonnenschwer und unverrückbar – die Matratzen sind aus Beton, der Rest ist Bronzeguss. Über dem Altar schwebt ein Lichtobjekt von Olafur Eliasson.

Komplettiert wird Lauffs-Wegners zweite Ausstellung im Park vom Haus am Turm: Michaela Meises runde Bank lädt zum Verweilen ein, David Zink Yis Edelstahl-Palmen vor der Villa sorgen für bizarres Flair in einem Park, der noch viele weitere Überraschungen bietet.

Am Ende des spannenden Parcours stellt sich die Frage: Nach welchen Kriterien sammelt Lauffs-Wegner? „Ganz spontan“, sagt sie. Am liebsten kauft sie bei ihrem Galeristen Johann König oder auf der Art Cologne. „Der erste Impuls ist wichtig“, verrät sie, „das Gefühl: Das Werk muss ich haben.“ Sie schätzt Gespräche mit Künstlern, liest viel, sieht viel und gesteht: „Ich lebe mit der Kunst.“ Einmal pro Jahr trennt sie sich auf Zeit davon, zeigt Arbeiten im „Haus Hedwig“. Sie trennt sich aber nicht ganz: Lauffs-Wegner verzichtet auf feste Öffnungszeiten und führt lieber ihre Gäste persönlich durch die Kunst.

Die Ausstellung „KAT_A“ im Haus Hedwig, Bad Honnef-Rhöndorf, läuft bis zum kommenden Frühjahr. Besuch nach Anmeldung: info@kat-a.de

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