Weil es Spaß macht Kunststudenten aus ganz Deutschland stellen in der Bundeskunsthalle aus
Mit Daniel Chlubas blinkendem Riesenherz und der von Maja Gratzfeld liebevoll auf einer Wagenplane von 1890 ausgebreiteten Biografie der 1869 geborenen Rosa Kneller wird der Besucher der Ausstellung empfangen. Die Lust am künstlerischen Effekt trifft auf Experimentiergeist und Recherche.
Gelangt man in die Schau, kommt insbesondere bei Chluba auch noch das Moment der Ironie hinzu. Unter dem Titel "Roman Signer Superstar" lässt der Student der Berliner Universität der Künste den Schweizer Konzeptkünstler Signer durch die Luft sausen und dann mit Dampf und Krach eine öffentliche Toilette verlassen, als sei's die Schleuse zu einem Raumschiff. Chluba (28) zitiert Signer (74) und lässt uns im Unklaren, ob es hier um den künstlerischen Großvatermord, um eine Hommage oder generell die Fantasie vom Künstler als Helden geht. Eine fesselnde Arbeit.
Wie viele in der Ausstellung "Kunststudenten stellen aus", die alle zwei Jahre in der Bundeskunsthalle einen Blick auf die aktuelle Produktion deutscher Kunsthochschulen und deren begabteste Studenten und Studentinnen wirft. Zum 21. Mal läuft diese anregende und höchst informative, vom Bundesbildungsministerium geförderte und dem Studentenwerk organisierte Leistungsschau über die Bühne. Zum zehnten Mal ist die Bundeskunsthalle der Gastgeber. 24 Kunsthochschulen der Republik haben sich beteiligt, sie schickten insgesamt 56 Studierende mit rund 200 Werken ins Rennen um die Preise.
Sensationell bereits der von Studierenden der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig gestaltete Katalog, der "Atlas" heißt und auch ein informativer, Orientierung spendender, origineller Atlas ist. Der kommt nicht ohne Spitzen gegen die eigene Zunft aus: "Man kann verstehen, dass jeder ein Künstler sein möchte und nicht die Schande eines einfachen Berufs tragen will", darf da Altmeister Gerhard Richter nörgeln, "Aber irgendwann wird die Gesellschaft ihr Bild vom Künstler korrigieren, wenn sie merkt, wie einfach es geworden ist, Künstler zu sein."
Die Kunststudenten der Bonner Schau kann er damit nicht gemeint haben: Hier ist großes Engagement und Können am Werk, die meisten Arbeiten überzeugen, regen an. Das Spektrum ist erfreulich weit, wobei Malerei und Zeichnung trotz fesselnder Beispiele von Dorothee Diebold, Seth Pick und Ralph Schuster immer weiter auf dem Rückzug sind.
Die raumgreifende, bisweilen komplexe Multimedia-Installation erfreut sich wachsender Beliebtheit: Raphaela Vogels formal exzellent gelöste Kette bizarrer Beobachtungen zählt ebenso dazu wie die an der Nahtstelle zu Literatur, Theater und Performance anzusiedelnde Installation von Max Grau oder Wera Bucks "Global Men Collection", die mit einem abenteuerlichen Rundumschlag Politik, das Phänomen Globalisierung mit Mode und Liebesabenteuer mixt.
Ganz stark auch die Video-Sektion. "Akt eine Treppe herunterfallend" von Markus Walenzyk nimmt Duchamp und Richter aufs Korn und entwickelt etwas Neues. Johanna Warm lässt den Fernseh-Gutmenschen Domian fast verzweifeln: Mit dem Geständnis, sie prostituiere sich um der Kunst willen. Nicht aus materiellen Gründen, sondern, weil es Spaß mache. Das erinnert an Max Grau, der in einer Videobotschaft gut findet, "dass irgendwo Kunst passiert". Zum Beispiel in der Bundeskunsthalle.
Bundeskunsthalle; bis 2. Juni. Di, Mi 10-21, Do-So 10-19 Uhr. Katalog 8 Euro