Nachruf auf die Bonner Künstlerin Julitta Franke Kunstwerke aus dem Paradies

Bonn · Ob nun als Baumretterin oder als Bildhauerin: Julitta Franke war Bonn eng verbunden. Die Künstlerin arbeitete in ihrem „Paradies“ an der Poppelsdorfer Allee. Jetzt ist sie im Alter von 89 Jahren gestorben.

Julitta Franke im Gespräch mit Besuchern ihrer Werkstatt.

Julitta Franke im Gespräch mit Besuchern ihrer Werkstatt.

Foto: Daniela Vogt

Als es Anfang der 1980er Jahre den Kastanien an der Poppelsdorfer Allee an die Stämme gehen sollte, die Stadt sie abholzen lassen wollte, gehörte die Bonner Bildhauerin Julitta Franke zu den Aktivisten, die das verhindern konnten. Dass das wunderschöne Ensemble heute noch existiert, ist unter anderem ihr zu verdanken. Sie hatte das Ganze vor Augen: Seit 1977 lebte sie in einem Haus an der Poppelsdorfer Allee, hatte dort im Tiefkeller ihr Atelier, das sie ihr „Paradies“ nannte. Immer wieder erhob sie ihre Stimme, wenn Werte in Gefahr waren, das reichte von der Bonner Verkehrsplanung bis zu Frauenrechten.

Oeuvre aus dem Keramikofen

In ihrem Keramikofen, der im Garten stand, schuf sie ein riesiges Oeuvre, das von Tellern und Vasen bis zur goldenen Blüte der Weisheit und lebensgroßen Matronen-Plastiken reicht. „Ihre Werke manifestieren sich in allen Wohnräumen und im gesamten Gebäude, monumentale Plastiken migrieren weiter in den Garten, um dort mit Wind und Wetter zu altern“, schreibt die Bildhauerin Leni Hoffmann, „die erkenntnistheoretischen Grundfragen Kants: ‚Was kann ich wissen?‘, ‚Was soll ich tun?‘, ‚Was darf ich hoffen?‘, ‚Was ist der Mensch?‘ sind bei Julitta Franke genauso virulent wie die Suche nach dem ‚Urweiblichen‘, dem ‚Göttlichen‘“.

Hoffmann, die nicht nur Frankes Kollegin und Professorin für Bildhauerei in Karlsruhe ist und 2014 ein faszinierendes Ensemble aus bildhauerischen Interventionen fürs Kunstmuseum Bonn schuf, ist mit Julitta Frankes Sohn Manuel verheiratet. Sie schickte uns bewegende Zeilen zum Tod der Künstlerin im Alter von 89 Jahren am 14. Oktober: „Ob es möglich ist, gleichzeitig Individuum und Mitglied der Gemeinschaft zu sein, hat Julitta Franke als Künstlerin lebenslang umgetrieben. Neun Jahrzehnte hat sie ihr Umfeld sprachlich brillant, zugewandt geprägt und bereichert – als schöpfendes Individuum genauso wie als in der Gemeinschaft wirkender Teil der Gesellschaft.“

Vom Philologie-Studium zur Kunst

Die 1933 in Bonn geborene Franke, die nach ihrem Philologie-Studium in Bonn zur Kunst fand, wurde zum festen Bestandteil der Bonner Szene, war häufig in Ausstellungen vertreten – etwa im Frauenmuseum und bei Auftritten der Künstlerinnen-Gemeinschaft Gedok. Ihre Teilnahme 1989 an der Biennale in Bagdad mit prominenten Künstlerkollegen zählt zu den Höhepunkten ihrer Karriere. Gewiss auch die 2019 in der Museumsscheune auf dem Gelände des ehemaligen Klosters Malgarten bei Bramsche eingerichtete Dauerausstellung „Raum für Sophia – Die göttliche Weisheit in der Schöpfung“.

Franke, Mutter von sechs Kindern, hat ihre Begeisterung für die Kunst weitergegeben: Zwei ihrer Söhne wurden Maler, einer Bildhauer. „Bis zu ihrem Lebensende begleitet und reflektiert Julitta Franke kontinuierlich die Werke ihrer Söhne. Sie ist nicht nur der früheste wichtige künstlerische Einfluss deren Bildsprache, sondern auch gleichberechtigte Künstlerkollegin“, schreibt Hoffmann.

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