Neu im Kino in Bonn „Lamb“ ist ein eigenwilliges Märchen

Bonn · Valdimar Jóhannssons erzählt in „Lamb“ von einem Bauernpaar und einem ganz besonderen Tier. Das ist erfrischend eigenwillig.

 Als Bäuerin Maria fristet Noomi Rapace in Island ein abgeschiedenes und wunderliches Dasein.

Als Bäuerin Maria fristet Noomi Rapace in Island ein abgeschiedenes und wunderliches Dasein.

Foto: dpa/-

Es dauert lange, bis in Valdimar Jóhannssons „Lamb“ der erste Mensch auftaucht. In der ersten Viertelstunde gehört die Bühne den Tieren. Eine Herde Wildpferde kommt aus dem nächtlichen Nebel hervor. Ihre Augen scheinen im Dunkeln zu leuchten, bevor sie die Flucht ergreifen, als sich ein unsichtbar schnaubendes Wesen nähert. Dann findet sich der Film in einem Schafstall wieder. Dicht an dicht stehen die Tiere, während draußen ein Sturm wütet. Auch hier blicken die Tiere direkt in die Kamera, die sich viel Zeit lässt, um in den Augen der Schafe nach einer Seele zu suchen. Auch hier nähert sich das bedrohliche Schnauben, das die Herde in Unruhe und den Hund in Alarmstimmung versetzt.

Nach diesem animalischen Prolog widmet sich der Film Maria (Noomi Rapace) und Ingvar (Hilmir Snær Guðnason), die fernab der Zivilisation in Island eine Schaffarm betreiben. Die beiden scheinen im Einklang mit den Freuden und Härten der landwirtschaftlichen Arbeit.

Ein Lamm erfährt besondere Zuwendung

Am Frühstückstisch unterhalten sie sich über den Traktor, dessen Motor ein verdächtiges Geräusch macht, oder auch einmal über die fiktive Möglichkeit von Zeitreisen. Als Maria anmerkt, dass man nicht nur in die Zukunft, sondern in auch in die Vergangenheit reisen könne, entsteht ein Schweigen, das auf eine gemeinsame, schmerzhafte Erfahrung hindeutet. Es ist Lämmersaison. Die beiden helfen den Tieren mit bäuerlicher Routine und Zuwendung, bis ein Lamm geboren wird, das ihre besondere Aufmerksamkeit erregt. Sie nehmen es zu sich ins Haus, füttern es mit der Flasche und legen es im Schlafzimmer neben sich in die Wiege. Das Tierchen, das den Namen Ada erhält, wird zum Ersatzkind für das Ehepaar, das in seinen elterlichen Gefühlen sichtbar aufblüht. Erst in der Mitte des Films wird deutlich, dass Ada nicht nur für die beiden mehr als nur ein Lamm ist.

Jóhannsson erzählt in seinem Regiedebüt „Lamb“ ein eigenwilliges Märchen, das in den mystischen Traditionen seiner Heimat fest verankert ist und das Verhältnis zwischen Mensch, Tier und Natur auf durchaus skurrile Weise auslotet.

Elemente von magischem Realismus und Horrorfilm

In den Liebesfilm, der die Sehnsüchte eines kinderlosen Paares erkundet, mischen sich Elemente von magischem Realismus und Horrorfilm, aber auch der schwarzen Komödie, als Ingvars Bruder aus Reykjavik anreist und ins tierische Familienglück eingebunden wird. Eine wilde Melange, die Jóhannsson absolut stimmig auf die Leinwand bringt und in ein erfrischend eigenwilliges Kinoerlebnis verwandelt. Brotfabrik

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