Volxbühne in Bonn "Leutnant Gustl": Rückzug in sich selbst

BONN · Da steht er nun, mitten unter den Kneipengästen, und schreit lauthals seine innersten Gedanken in den Raum: Guido Grollmann spielt Leutnant Gustl, jenen selbstgefälligen jungen k.u.k.-Offizier aus der Novelle von Arthur Schnitzler, der aufgrund der Beleidigung eines nicht satisfaktionsfähigen Bäckermeisters seine Ehre verloren zu haben glaubt und an den Suizid denkt.

 Guido Grollmann als Leutnant Gustl.

Guido Grollmann als Leutnant Gustl.

Foto: Kölsch

Ein Stück, das Einsamkeit erfordert - und diese selbst im Südbahnhof in Bonn findet, in dem sich die Zuschauer drängen, um der ersten Premiere des neuen Ensembles Volxbühne beizuwohnen, das sich sehr kurzfristig vom Theater Pathologie abgespalten hat und mit diesem inneren Monolog unter der Regie von Christoph Pfeiffer einen Neustart versucht. Der ist trotz der begrenzten Möglichkeiten in dem Lokal im Schatten der Ermekeilkaserne dank eines starken Solisten gelungen.

Grollmann braucht nicht viel, um die Rolle zu füllen: Einen aufgemalten Schnurrbart, einen Degen und einen weinerlich-blasierten österreichischen Dialekt, mit dem er so manche Gedankengänge der Lächerlichkeit preisgibt - was durchaus der Intention Schnitzlers entsprechen dürfte.

Geschickt nutzt er den Raum, sitzt auf der Heizung, deklamiert am Fenster, flirtet und schimpft in einer Szene an einer Opern-Garderobe, in der es zum Eklat mit dem kräftigen Bäcker kommt, mit den Anwesenden und zieht sich im Anschluss so gekonnt in sich zurück, dass er wahrlich verloren und verlassen wirkt.

All die verschiedenen Facetten der Verzweiflung Gustls werden herausgearbeitet, der ständige Kampf zwischen dem Lebenswillen, dem übertriebenen Ehrgefühl und der Langeweile. Dazwischen Spuren von Antisemitismus, den Schnitzler selbst zu spüren bekam - und immer wieder Momente reinster Absurdität.

"Unglaublich, weswegen sich die Leut' totschießen! Wie kann man überhaupt nur eifersüchtig sein?", fragt sich Gustl an einer Stelle, ohne dabei seine eigenen Selbstmordabsichten in Frage zu stellen. Man verschmerzt eben alles. Außer einem Angriff auf die Ehre und das Militär.

Info

Termin: Am 26. Februar spielt die Volxbühne Hugo von Hofmannsthals "Jedermann" im Südbahnhof, Ermekeilstraße 32. Die nächste Aufführung von "Leutnant Gustl" ist für den 26. März geplant. Der Eintritt ist frei.

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