LVR-Landesmuseum "Lichte Weite" zeigt poetische Lichtbildkunst von Elger Esser

BONN · Zwar wurde dem Düsseldorfer Fotografen Elger Esser der Kunstpreis des Rhein-Sieg-Kreises bereits 2010 zuerkannt; das LVR-Landesmuseum hat die ihn und sein Werk preisende Ausstellung "Lichte Weite" jedoch erst jetzt einrichten können.

 "Marmisson": Ein von den Deutschen im Krieg versenkter Frachter wird zum Kunstwerk.

"Marmisson": Ein von den Deutschen im Krieg versenkter Frachter wird zum Kunstwerk.

Foto: LVR

Was aber sind schon zwei Jahre für einen Künstler, dem es in seinen Landschaftsbildern um Zeitlosigkeit, ja um Überzeitlichkeit geht, der weder anekdotische, narrative noch historische Momente zulässt? "Erzählungen in meinen Bildern sind unerträglich", sagt der ehemalige Meisterschüler und folgt damit den Maximen seines berühmten Lehrers Bernd Becher.

Um seinen stillen, undramatischen Landschaften aktuelle Zeitbezüge zu nehmen, taucht er sie in ein verhaltenes Kolorit, das eher zu Monochromie als zu jeglicher Buntheit neigt. Um sie zugunsten einer "neutralen Lichtstimmung" zu tilgen, lässt Elger Esser seine Filme zuweilen sogar überaltern. Drei Werkgruppen aus Frankreich, seiner geistigen Heimat, repräsentieren sein bildnerisches Ideal.

Im Garten von Giverny wagte der Künstler den kühnen Kontrast zu den leuchtenden Gemälden des Impressionisten Claude Monet. Elger Esser nämlich hat den Seerosenteich mit der gewölbten Brücke und die vielfarbige Vegetation des Nachts in ein schwärzliches Schattenreich versetzt, obwohl er mit den dazu notwendigen fünf- bis sechsstündigen Belichtungen an technische Grenzen stieß.

Sein Wagemut wurde durch die poetischen "Nocturnes à Giverny" belohnt, durch deren Finsternis Mond- und Sternenlicht blitzt. Ohne die Poesie des von Marcel Proust - in seiner "Suche nach der verlorenen Zeit" - erfundenen Ortes Combray wäre die Serie "Combray (Giverny)" nicht denkbar.

Der Künstler hat für sich diesen Schauplatz wiederum in Giverny gefunden und ihn in seinem "Erinnerungsatlas" visualisiert. Erinnerungen aber verlieren an Schärfe und können im doppelten Wortsinn verblassen. Wohl darum beherrscht ein nebliger, zuweilen verunklärender Silberton diese Serie, wie man ihn sonst von verhangenen Winterlandschaften kennt.

Ein heller Sepiaton liegt über den Bildern "Dieppe" oder "Barduc III" von der nordfranzösischen Küste. Und Seestücke von imponierenden Ausmaßen sind es auch, die in der Ausstellung den Dialog mit der Kunstgeschichte des 19. Jahrhunderts aufnehmen.

Andreas Achenbachs 1835 gemalte Marine "Fischerboote an der holländischen Küste" etwa setzen dem sanften Meer aus Essers "Beg er Lan" von 2006 eine wild aufgewühlte See unter dramatischen Wolken entgegen.

Der "Eichenhain an einem Fluss in Latium" des jüngeren Malers Oswald Achenbach dagegen korrespondiert harmonisch mit dem ebenfalls 2006 aufgenommenen stillen Ufer von "Montlouis I".

Zwei Ausnahmen von seiner thematischen und koloristischen Enthaltsamkeit hat sich der Fotokünstler dann aber doch zugestanden: Im Bild "Marmisson" liegt ein von den Deutschen im Krieg versenkter Frachter, also ein historisch fassbares Requisit; und "Beg er Lan" kommt einmal nicht ohne Farbe aus, sondern erinnert an ein zartes Aquarell.

LVR-Landesmuseum bis 24. Juni; Di bis So 11 bis 18, Sa 13 bis 18 Uhr; Künstlerbuch "Nocturnes à Giverny" 39,80 ?

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