Neues Ensemble Bonn inszeniert "Enigma-Variationen" Liebesrätsel

Was ist die Liebe? Ein gegenseitiges Missverständnis? Eine Antipode zur Wahrheit, auf Lügen errichtet und mit Illusionen genährt? Oder doch ein Gefühl, das sich darüber erhebt? Dieser Frage nehmen sich Gregor Pallast und Tamer Afifi vom Neuen Ensemble Bonn unter der Regie von Eva Gridi-Papp in dem Zwei-Personen-Stück "Enigma-Variationen" von Éric-Emmanuel Schmitt an - und scheinen am Ende beiden Positionen etwas abgewinnen zu können.

Experiment und Wagnis zugleich: Szene aus den "Enigma-Variationen" in der Brotfabrik.

Experiment und Wagnis zugleich: Szene aus den "Enigma-Variationen" in der Brotfabrik.

Foto: Thomas Kölsch

Denn auch wenn das im Raum schwebende Enigma, jenes Geheimnis um den frisch veröffentlichten Liebesbriefwechsel zwischen dem arroganten, zurückgezogen lebenden Literaturnobelpreisträger Abel Znorko (Pallast) und einer zunächst unbekannten Frau, das der sich als Journalist ausgebende Erik Larsen (Afifi) angeblich ergründen will, nach und nach in sich zusammenfällt, bleibt es doch doch zugleich Grundlage der sich im Verlauf des Stücks entwickelnden Beziehung der beiden so gegensätzlichen Männer.

Es ist eine besondere Spielart der tragischen Ménage-à-trois, die sich hier offenbart, eine im doppelten Sinne gebrochene Liebe, die den sich in Kontrolle wähnenden Znorko in seinen Grundfesten erschüttert. Denn Larsen weiß weitaus mehr, als er zugibt. Und sorgt so für einige Überraschungen.

Für die beiden Darsteller sind die "Enigma-Variationen", die im Studio der Brotfabrik aufgeführt werden, Experiment und Wagnis zugleich: 100 Minuten Dauerpräsenz in Minimalbesetzung und ein enormer Textumfang stellen selbst für Profischauspieler eine Herausforderung dar, insbesondere da sich die Aktionen auf das Nötigste beschränken und somit die Dialoge die Inszenierung tragen müssen. Dies gelingt Afifi und Pallast jedoch mit Bravour. Vor allem letzterer brilliert von der ersten Sekunde an mit einnehmender Überheblichkeit und entwickelt im Laufe des Stücks eine bemerkenswerte emotionale Tiefe.

Afifis Larsen braucht dagegen etwas Zeit, um in Fahrt zu kommen, zeigt sich dann aber insbesondere in der direkten Konfrontation mit seinem Gegenüber als ebenbürtiger Gefühlsmensch. Nur auf die endgültige Umpolung der beiden Charaktere verzichtet das Duo - das fast schon wahnhafte Verhalten Larsens angesichts der zunehmenden Unterwürfigkeit und Hilflosigkeit des desillusionierten Znorko schlägt nicht ins Extrem um, auch wenn die Möglichkeit dafür im Text angelegt ist. Der Spannungsbogen hält dennoch weitgehend; die wenigen Längen des 100-Minuten-Stücks sind verschmerzbar, zumal das Spiel zwischen Pallast und Afifi durchaus zu fesseln vermag. Experiment gelungen.

Termine: 13. und 14. Juni, jeweils 20 Uhr, Brotfabrik. Karten für 11 Euro (ermäßigt 7,50 Euro) an der Abendkasse.

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