Wenn das Piano singt Lise de la Salle spielt mit dem Beethoven Orchester unter Stefan Blunier

BONN · "Von kühnen Wunderbildern" wollte das siebte Freitagskonzert des Beethoven Orchesters Bonn in der Beethovenhalle erzählen, und wenn Mozarts A-Dur Klavierkonzert KV 488 auch nicht das kühnste seiner Werke ist, so erhält es doch durch die sanfte Instrumentierung und den gleichberechtigten Dialog zwischen Klavier und Orchester einen ganz besonderen Charakter.

 Applaus für Lise de la Salle und Stefan Blunier.

Applaus für Lise de la Salle und Stefan Blunier.

Foto: Martina Reinbold

Lise de la Salle ist die Solistin an diesem Abend, und man hätte sich für dieses Konzert Nr. 23 kaum eine bessere Sachwalterin vorstellen können. Für sie sei das Klavier kein perkussives Instrument, hat die junge Französin einmal gesagt, sie wolle es singen lassen. Genau das tut sie im wiegenden Sechsachteltakt des Andante, das hinter seiner vordergründigen lieblichen Heiterkeit so viel Unaussprechliches verbirgt.

De la Salles leichter und filigraner Anschlag und ihre stufenlos agierende Dynamik produzieren einen Klavierklang, der sich begnügt und doch unversehens aufblühen kann. Sie spielt schnörkel-, aber nicht schmucklos, findet für jede Phrase den angemessenen, ehrlichen Ausdruck. Auch im munter dahinsprudelnden Finale reiht sie die Töne wie funkelnde Perlenketten auf, ohne damit blenden zu wollen: So muss es klingen, sagen Mozart und Lise de la Salle, so wird es gespielt.

Stefan Blunier und das BOB folgen der Solistin in der Konzentration auf das Wesentliche und führen das Zwiegespräch mit dem Klavier in einem weichen, beschwingten Idiom ohne scharfkantige Akzente. Mit einer Prélude-Zugabe von Claude Debussy verabschiedet de la Salle das Publikum in die Pause - ein letztes Atemholen vor der Sechsten von Anton Bruckner, die am Horizont wartet wie ein unbekannter Gipfel auf die Erstbesteigung.

Dabei ist die A-Dur-Sinfonie, obwohl selten gespielt, doch urechter Bruckner - komplett ausgestattet mit den unverschämten Freiheiten, wunderbaren Rückungen und den strahlenden Blechauftritten, die auch ihre berühmteren Schwestern kennzeichnen. Das erste Thema, das aus den Bässen aufsteigt und sich dann das volle Orchester erobert, ist eine Wucht. Blunier kostet den Triumph aus, hält aber genügend Reserven zurück, um nach dem gesanglichen Seitenthema der Streicher wieder auszuholen.

"Jeder Mitwirkende müsste eigentlich eine Sauerstoffmaske haben, die automatisch aus dem Notenpult fällt, sobald da Bruckner draufliegt", bemerkt Konrad Beikircher, aber dem BOB geht an diesem Abend die Luft nicht aus. Sogar im kühnen Wunderbild des Scherzos und im glanzvollen Finale hält Blunier die Zügel so fest in der Hand, dass trotz unverzichtbarer Momente spätromantischen Überschwangs die komplizierte Architektur eines sinfonischen Prozesses à la Bruckner hörbar bleibt.

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