Zum 75. Geburtstag Manfred Osten - Ein Leben mit Goethe

BONN · Das Wort veloziferisch hat einen diabolischen Beiklang. Erfunden hat es Johann Wolfgang von Goethe, der mit seiner Wortschöpfung Schnelligkeit (velocitas) und Teufel (luzifer) hintersinnig zusammenband. Der Begriff hat es auch dem in Bonn lebenden Autoren und Gelehrten Manfred Osten angetan, der am Samstag seinen 75. Geburtstag feiert.

 Goethe- und Japan-Kenner: Manfred Osten.

Goethe- und Japan-Kenner: Manfred Osten.

Foto: Archiv

In seinem Buch "Alles veloziferisch oder Goethes Entdeckung der Langsamkeit" (Insel Verlag) von 2003 spürt der ehemalige Generalsekretär der Humboldt-Stiftung Goethes Abneigung gegen Ungeduld und Übereilung nach, die der Kulturhistoriker als Kritik des Dichter an der aufziehenden beschleunigten Moderne deutet. Manfred Osten selbst ist jemand, der ein bisschen aus unserem noch immer an Tempo zunehmenden veloziferischen Zeitalter herausgefallen zu sein scheint; einer, der dem Treiben der Welt aus einer gewissen Distanz heraus zusieht, ohne sich selbst von diesem Treiben mitreißen zu lassen.

Geboren wurde Osten am 19. Januar 1938 in Ludwigslust, flüchtete mit 14 in die Bundesrepublik, studierte Rechtswissenschaft, Philosophie, Musikwissenschaften und Literatur in Hamburg und München. Seit 1969 war er 25 Jahre lang im Auswärtigen Dienst mit Stationen in Frankreich, Kamerun, Tschad, Ungarn, Australien und Japan.

In Australien ergab sich zu Beginn der 80er für den stellvertretenden Generalkonsul die Gelegenheit, zwei Jahre lang als Tutti-Bratscher im Melbourne Symphony Orchestra und in der Victoria State Opera zu spielen. 1993 wurde er Leiter des Osteuropa-Referats im Presse- und Informationsamt der Bundesregierung. Von 1995 bis 2004 war er Generalsekretär der Alexander von Humboldt-Stiftung.

Eine besondere Nähe hat Osten während seines Berufslebens zu Japan entwickelt. Ein wunderbarer Ausdruck der intensiven Bindung zu dem Land, seiner Kultur und seinen Menschen ist die Porträtsammlung über zwölf Schriftsteller des Landes, die Osten unter dem poetischen Titel "Die Erotik des Pfirsichs" (Suhrkamp) veröffentlichte.

Manfred Osten ist ein gern gesehener Gast in TV-Talkrunden, war allein in mehr als 30 Sendungen Interview-Gast in Alexander Kluges Kulturmagazin "10 vor 11". Doch auch die Musik ist immer ein wesentlicher Teil seines Lebens geblieben. Er übt sie nicht nur privat weiterhin aktiv aus, sondern er ist in seiner Wahlheimat Bonn zudem als Vorsitzender des vor 30 Jahren gegründeten Vereins Schumannhaus und Vorsitzender der Gesellschaft der Freunde des Beethoven Orchesters präsent.

Nachdem er gerade erst im Universitäts-Club mit Bonns Generalmusikdirektor Stefan Blunier und dem Dirigenten Peter Gülke eine Diskussion zum Thema "Tristan oder Die Ästhetik der Erlösung" geführt hat, wird er am Dienstag 22. Januar, 20 Uhr, in der Siegburger Rhein-Sieg-Halle mit Linke-Politikerin Sahra Wagenknecht über Goethe plaudern. Tickethotline: 02405/40860.

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