"Bilder einer Ausstellung" Marcus Schinkel auf den Spuren von Emerson, Lake and Palmer

Bonn · Voyager IV: Der Bonner Jazzpianist und Band verbinden in der Endenicher Harmonie die Klangbilder von Mussorgsky und die Musik der britischen ProgRock-Legende.

 ProgRock aus Bonn: Marcus Schinkel (l.) und die Voyager IV in der Harmonie.

ProgRock aus Bonn: Marcus Schinkel (l.) und die Voyager IV in der Harmonie.

Foto: sca

Grenzen sind albern: Der Satz kommt einem spontan in den Sinn, während die Voyager IV auf der Bühne der Harmonie „Il Vecchio Castello“ (Das alte Schloss) aus Modest Mussorgskys Zyklus „Bilder einer Ausstellung“ ansteuert. Während eben diese Bühne abwechselnd in sphärisch-blaues, grünes oder rotes Licht taucht und die deutsch-niederländische „Besatzung“ die Instrumente bedient. So wie sich auch schon die Progressive-Rock-Legenden Emerson, Lake and Palmer (ELP) 1971 das von dem russischen Komponisten 1874 für Klavier konzipierte Werk vorgenommen haben.

Ein Troubadour steht vor besagtem Schloss und bringt sein Lied dar. Warum nicht, wenn dieses Lied nach Pink Floyd, nach Deep Purple, Genesis und Jean-Michel Jarre klingt? Wenn es die Inspiration und die technische Brillanz besitzt, wie sie Marcus Schinkel (Grand Piano, Keyboards, Laserharfe), Johannes Kuchta (Gesang, Percussion, Tupian), Fritz Roppel (Bass) und Wim de Vries (Schlagzeug) eigen ist und von Niklas Kaupert ins passende Licht gesetzt wird? So viel kann man nach zwei Stunden Voyager IV mit Fug und Recht sagen: Grenzen sind albern – es lebe das Crossover. Auch wenn, wie Schinkel sich zwischendurch amüsiert erinnert, „ein Typ mit Keyboards von der Jazz-Polizei mehr als skeptisch angesehen wird. Man muss dann schon sehr gut sein, um zu überzeugen“. Kein Problem, das trifft auf den Mann zu, der schon Beethoven und den Jazz zusammengebracht hat. Ebenso wie auf den Progressive Rock der Voyager IV als musikalische Sonde in Galaxien zwischen Rock, Klassik und Jazz.

Ein bloßes Relikt der 1970er? Mitnichten. Vielmehr eine weitere Spielart, die Vergleiche mit ELP nicht zu scheuen bräuchte, wenn man solche denn unbedingt anstellen möchte. Oder man lässt es einfach geschehen und genießt einfach, welches Potenzial Schinkel, Kuchta, Roppel und de Vries aus Klassikern der Band wie „Take a Pebble“ und „Lucky Man“ schöpfen. Wohingegen „Promenade II“ – unter Mussorgskys Klangbildern das bekannteste – als Leitmotiv dient und schließlich auch Baba Jaga, die Hexe der slawischen Mythologie, an diesem Abend noch zu ihrem Recht kommen muss.

Wie man also Grenzen spielend neben, hinter und unter sich lässt? Das haben Voyager IV in der Harmonie gezeigt. Eine Ausnahmeerscheinung und ein Genuss rundum für all die beherzten Eklektiker mit Klassik, Jazz und Rock im Plattenschrank. Nur das Ende 2018 mit Jon Caffery (Tote Hosen) produzierte Rock-Album der „Bilder einer Ausstellung“ lässt wohl noch eine Weile auf sich warten.

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