Konzert im Bonner Opernhaus Martin Grubinger begeistert im ausverkauften Konzert

Bonn · Der österreichische Multiperkussionist spielt beim Freitagskonzert des Beethoven Orchesters ein Stück des chinesischen Komponisten Tan Dun.

 Er gibt alles: Martin Grubinger bearbeitet im Bonner Opernhaus das Marimbaphon.

Er gibt alles: Martin Grubinger bearbeitet im Bonner Opernhaus das Marimbaphon.

Foto: Barbara Frommann

Die Schlagwerkbatterie, die der österreichische Multiperkussionist Martin Grubinger für das Freitagskonzert des Beethoven Orchesters auf die Bühne des Bonner Opernhauses aufgestellt hat, sieht extrem beeindruckend aus: Marimbaphon, Glockenspiel, Vibraphon, etliche Kuhglocken, Buckelgongs und noch einiges mehr gibt es da zu sehen. Doch bevor sie alle zum Einsatz kommen, ist da dieser zarte Beginn, wenn Grubinger zwei Kieselsteine in der Hand hält, sie leise gegeneinander schlägt und dabei so ausschaut, als hielte er ein kleines Vögelchen in seinen Händen. Diese klappernden „Vögelchen“ trägt er behutsam durchs Orchester bis in die letzte Reihe, wo vier weitere Schlagwerker ebenfalls mit Steinen klackern. Dann nimmt Grubinger hinter sechs Kesselpauken seinen Platz ein und beginnt, sie mit Fingern, Händen und Schlägeln zu bearbeiten.

„Tears of Nature“ heißt das Konzert für Schlagwerk und Orchester, das der in New York lebende chinesische Komponist Tan Dun Grubinger in die sehr beweglichen Hände und Arme geschrieben hat. Seine drei Sätze „Summer“, „Autumn“ und „Winter“ sind Reflexe auf Naturkatastrophen: auf das große Erdbeben von 2008 in China, auf die folgenschwere Flutkatastrophe von Fukushima von 2011 und auf den Hurrikan „Sandy“, der 2012 New York in Atem hielt. Auch wenn die sechs Kesselpauken gelegentlich heftig aufbrausen und es im Verlauf des Stücks immer wieder zu heftigen musikalischen Eruptionen kommt, sollte man diese nicht als simple musikalische Nachahmung der Naturkatastrophen verstehen. Tan Dun hat alle drei Sätze von „The Tears of Nature“ mit „misterioso“, also „geheimnisvoll“, überschrieben, was auf eine eher spirituelle Auffassung der Natur hindeutet. In den sphärischen Tönen der mit Geigenbögen gestrichenen tibetischen Klangschalen wird dies besonders schön fühlbar.

Aber Tan Dun, der unter anderem für Ang Lees „Tiger and Dragon“ die Filmmusik komponierte, hat mit „Tears of Nature“ zugleich ein durch und durch dankbares Virtuosenstück geschaffen, das Grubingers Musikalität und Vielseitigkeit wunderbar ins Licht rückt. Das grandiose, über weite Strecken von leisem Flüstern geprägte Marimbaphon-Spiel im zweiten Satz begeisterte ebenso wie die souveräne Beherrschung der Instrumente der erweiterten Schlagwerkbatterie im Finalsatz, wo Grubinger und seine Co-Perkussionisten sich mit dem Orchester ein heftiges Klanggefecht lieferten. Das Publikum im ausverkauften Haus applaudierte hingerissen, wofür sich der Österreicher mit einer eigenen Trommelkadenz bedankte, die „mehr Sport als Musik“ sei, wie er sagte.

Nach der Pause gab es noch Igor Strawinskis Ballett „Der Feuervogel“. Die klangliche Farbigkeit und Balance, mit der die unter der Leitung von Dirk Kaftan spielenden Musiker des Beethoven Orchesters schon in Tan Duns Werk beeindruckt hatten, machte auch die schillernde Musik Strawinskis zu einem Erlebnis. Kaftan ließ die Zügel keinen Augenblick locker, das Orchester reagierte entsprechend punktgenau und präzise, was für musikalische Hochspannung in jedem Satz sorgte. Großer Applaus.

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