LVR-Freilichtmuseum in Kommern Mehr als 14.000 Besucher auf dem "Jahrmarkt anno dazumal"

MECHERNICH-KOMMERN · "Ihr denkt, ich bin ein Schwindler?", fragt der Mann auf der kleinen Holztribüne laut und schaut ins Publikum: "Nein! Ich habe die hohe Kunst des Zauberns gelernt, und das werde ich euch jetzt beweisen."

 Viel zu erleben: Zur Flohschau haben sich zahlreiche Zuschauer im Freilichtmuseum Kommern eingefunden.

Viel zu erleben: Zur Flohschau haben sich zahlreiche Zuschauer im Freilichtmuseum Kommern eingefunden.

Foto: Nadja Berghahn

Wild fuchtelt er dabei mit seinen Armen. Eine große Gruppe Menschen hat sich um die Tribüne versammelt, auf der der altmodisch gekleidete Mann mit dem schwarzen Zylinder und dem weißen Bart seine beschwörende Rede hält. Neben ihm steht ein dunkles Holzfass und hinter seinem Rücken hängt ein Schild mit der Aufschrift "Doctor Marrax & Söhne".

Im Hintergrund verkauft die Bonner Schaustellerfamilie Bärhausen Reibekuchen an die Zuschauer. Plötzlich steigt weißer Rauch aus dem Holzfass des Zauberers auf, und es sind erstaunte Kinderrufe zu hören.

Die Show findet mitten im bunten Treiben des Jahrmarktes "anno dazumal" im LVR-Freilichtmuseum in Kommern statt. Der Jahrmarkt der besonderen Art ist noch bis Sonntag, 7. April, geöffnet. Zum 19. Mal lädt das LVR-Freilichtmuseum zu einem amüsanten Streifzug durch die Geschichte des öffentlichen Volksvergnügens der vergangenen 150 Jahre ein: von Beginn der Kaiserzeit 1871 bis ins späte Wirtschaftswunder.

Rund 80 Karussells, Vergnügungsbuden und Händlerstände aus früheren Zeiten sorgen für Unterhaltung. Darunter befindet sich auch ein Nachbau der alten Freiluftarena von Pützchens Markt, in der die Seiltänzerin und Rasierklingen-Schluckerin "Silea" ihre waghalsige Show vorführt.

Trotz eisiger Kälte und Schneeschauern vergnügten sich laut dem stellvertretenden Museumsleiter Michael H. Faber mehr als 14.000 Gäste am ersten Wochenende auf dem "Jahrmarkt anno dazumal". Neben Tausenden Stammgästen, die zum Teil sogar aus dem Ausland kämen, habe das Museum diesmal deutlich mehr Neukundschaft verzeichnen können. Besondere Publikumsmagneten waren neben "Silea" auch der Weltmeister im Kunstradfahren Jens Schmitt, der sensationelle Rad-Artistik zeigte und das Akrobaten-Duo "Unwucht", das den Charme der früheren Gauklerzeit versprühte.

Spannend wurde es auch im "Kuriositäten-Salon" anno 1900. Dort ließen sich Damen und Herren aus dem Publikum "köpfen" - mit anschließender Wiederbelebung. Gut besucht war auch eine Schaubude aus den 1940er Jahren, in der "Jula, das Gorillamädchen" die Gäste in Angst und Schrecken versetzte. Vor begeistertem Publikum, das durch Lupen zuschaute, zogen zudem in der Mini-Arena von Deutschlands ältestem Flohzirkus Birk ein Dutzend Flöhe kleine Wägelchen, drehten Pirouetten und schossen millimeterdicke Fußbälle ins Tor.

Ein Ereignis, das vor wenigen Tagen noch auf der Kippe stand: Alle 300 Exemplare, die Birk mitgebracht hatte, waren, wie berichtet, wahrscheinlich durch einen Kälteschock gestorben. Mit Hilfe des Freilichtmuseums konnten jedoch kurzerhand neue Flöhe beschafft werden. Der Parasitologe Heinz Mehlhorn von der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität sagte spontan Hilfe zu und brachte rund 50 Flöhe nach Kommern. Das kurzfristige harte Training hat sich gelohnt: Die neu dressierten Flöhe sind ziemlich fit.

Für kleine Gäste locken außerdem noch Puppentheater, historische Geschicklichkeitsspiele und ein Automobil-Karussell aus den 1950er Jahren. Erwachsene Besucher zeigten sich aber auch angetan. "Mir gefällt die alte Raupe von 1926 am besten. Das ist wie damals in der Jugend", meinte etwa Wolfgang Pohl (47) aus Bonn. "Meine Kinder haben sich aber vor allem auf die warmen Pfannkuchen gefreut", fügte er lachend hinzu.

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